Vor kurzem stellte ich euch den Feelbelt von Sensit! (damals noch Feelbelt vor), welche euch Gaming, Musik und Film/Fernsehen noch immersiver präsentieren konnte. Nun hatte ich die Möglichkeit, folgendes Interview mit Benjamin Heese, dem Gründer und CEO von Sensit! zu führen.
Tobias (PS4Source): „Bitte stell Sensit! und dich kurz vor.“
Benjamin Heese (Sensit!): „Ich bin Benjamin Heese, habe zwei kleine Kinder, auf die ich echt stolz bin, und habe Sensit!, so wie es heute heißt, vor knapp vier Jahren gegründet.
Vorher war ich im Bankenbereich tätig, im mittleren Management einer deutschen Geschäftsbank. Nach der Geburt meiner ersten Tochter bin ich längere Zeit mit meiner Familie um die Welt gereist und habe festgestellt, dass Geld nicht alles ist.
Früher in der Schule habe ich Lan-Partys organisiert und Spiele gespielt, die damals noch verpönt waren. Heute habe ich das Glück, dass ich von der damaligen Leidenschaft extrem profitiere und verstehe, wie dieser Markt funktioniert.
Ursprünglich war unser Gründungsgedanke, Musik emotionaler zu gestalten. 2018 hatte ich zufällig Jens getroffen, der mir eine neue Technologie vorgestellt hat. Da dachte ich schnell: „Okay, geile Idee. Lass uns ein Unternehmen starten.“ So kamen wir zusammen. Mittlerweile sind wir seit vier Jahren dabei und haben ein Team aufgebaut, das das Ganze in die Welt bringt. Und das machen wir gar nicht so schlecht. Gestartet haben wir mit dem Feelbelt. Das war unser Proof of Concept, mit allen Stärken und Schwächen. Wir wollten schauen, wie die Leute reagieren. Gibt es überhaupt einen Bedarf? Jetzt sind wir an dem Punkt, dass wir die Kerntechnologie der Haptics lizenzieren lassen und weitergeben.“
Tobias (PS4Source): „So kam es auch zu dem Namenswechsel von Feelbelt zu Sensit!?“
Benjamin Heese (Sensit!): „Genau. Da wir als Unternehmen bis vor Kurzem noch so hießen wie unser erstes Produkt, wurden wir oft auf den Feelbelt reduziert – dabei können
wir viel mehr. Und das wollen wir kommunizieren.
Wir sind eine Haptic Company, die Industrielösungen zur Verfügung stellt, um bestehende und neue Produkte haptisch erlebbar zu machen. Feelbelt ist nun ein Teil von
Sensit!. Der nächste Step ist ein Gaming Chair in Kooperation mit einer großen Brand, den wir mit Haptics ausstatten und unsere Technologie lizensieren.“
Tobias (PS4Source): „Unser heutiges Thema ist, wie wichtig Haptics in Videospielen und im Metaverse sind. Welche Bedeutung hat die Technologie denn für dich persönlich in den Bereichen?“
Benjamin Heese (Sensit!): „Stell dir ein Konzert vor: Du erlebst es live, hörst einen klaren Sound, den du meistens sogar im Körper spüren kannst, weil die Bässe so intensiv sind. Stell dir nun vor, dass du das Konzert nicht live erlebst, sondern zu Hause auf dem Fernseher schaust. Hier drehen deine Emotionen wahrscheinlich nicht gerade durch, weil du dieselbe Luft atmest wie deine Lieblingsmusiker. Was fehlt, ist das komplette Feeling des Konzerts. Das geht uns zu Hause verloren.
Der Mensch hat eben noch weitere Sinne als nur das Sehen und Hören. Der Tastsinn spielt bei der emotionalen Wahrnehmung eine riesen Rolle.
Wir sind felsenfest davon überzeugt, um diese digitale Welt — und da möchte ich noch gar nicht vom Metaverse anfangen — real zu gestalten, braucht es das Fühlen.
Playstation hat das mit dem Controller gemacht und das Ganze weiterentwickelt, was in meinen Augen eine schlaue Entscheidung war. Wenn du digitale Erlebnisse wie Games, Filme und Musik zu Ende denkst, kommst du ohne Haptics nicht mehr aus — wenn du es wirklich gut machen willst.“
Tobias (PS4Source): „Welche weiteren Anwendungsbereiche gibt es neben dem Konzerterlebnis für zu Hause? Du hast Games und Filme erwähnt.“
Benjamin Heese (Sensit!): „Wenn du eine VR-Brille auf hast und dich in der virtuellen Welt bewegst, rennst du öfter mal gegen digitale Wände oder Gegenstände. Im echten
Leben würdest du merken, wenn du bspw. eine Vase umschubst. In der VR-Welt hörst und siehst du es höchstens. In der realen Welt könntest du die Vase vielleicht sogar noch auffangen, bevor sie umkippt und zerbricht, weil du spürst, dass du gegen sie gelaufen bist. Du brauchst also irgendeinen Trigger, der dir sagt: „Hey, stopp! Da ist etwas im Weg!”
Für mich persönlich ist Poker auch ein gutes Beispiel. Das Spiel lebt davon, alle verfügbaren Sinne zu nutzen, um die Gegner zu deuten. Wer blufft, wer sagt die Wahrheit, wer ist nervös und wer entspannt? Allein, wie du deine Chips aufs Spielfeld bringst, sagt schon viel über dich aus, womit du auch spielen kannst: Legst du sie behutsam hin oder knallst du sie aggressiv auf den Tisch? Das sind alles Emotionen, die unter anderem durch das Fühlen
wahrgenommen werden.
Poker mit einer VR-Brille ist schon ziemlich cool. Wenn du im weiteren Verlauf auch noch die Emotionen im Gesicht sehen kannst, kommst du einer realen Pokerrunde mit Freunden zu Hause schon verdammt nahe.
Tobias (PS4Source): „Da du immer mehr Sinne ansprichst: Plant ihr auch irgendwann weitere zu integrieren z. B. mit Gerüchen oder Lichtern für die Augen?“
Benjamin Heese (Sensit!): „Ich glaube, unsere Stärke liegt tatsächlich darin, Haptics zu bauen. Für Gerüche gibt es andere Experten. Es macht Sinn, dies zusammenzubringen, aber es macht keinen Sinn, unser Businessmodell damit zu erweitern.“
Tobias (PS4Source): „Die Vibrationen sind wahrscheinlich sehr praktisch für Menschen, die hörgeschädigt sind oder die eingeschränkte Sehkraft haben. Beachtet ihr das bei der Entwicklung?“
Benjamin Heese (Sensit!): „Fortnite ist zum Beispiel sehr weit, wenn es darum geht, Menschen mit bestimmten Einschränkungen zu inkludieren. Der Feelbelt bietet eine
(weitere) Lösung für Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung.
Wir arbeiten gerade mit einem Arzt von der NHS in Großbritannien zusammen, der sich damit auseinandersetzt, Kindern das Sprechen (schneller) beizubringen, die gehörlos auf die Welt gekommen sind. Denn das ist ein Fakt, den viele nicht auf dem Schirm haben:
Wer von Geburt an nicht hören kann, hat es sehr schwer, Sprache zu erlernen, da wir diese
vorrangig über unser Gehör verarbeiten und trainieren. Hierbei gibt es einen großen Unterschied zu Menschen, die mal hören konnten und dann etwa durch einen Unfall ihr Gehör verloren haben.
Im Accessibility-Bereich passiert gerade einiges bei den Spieleentwicklern und wir tragen gern unseren Teil dazu bei, dass Games für alle gleichermaßen zugänglich sind.
Bei einem inklusiven Konzert vor Kurzem in Potsdam, das auch durch Gebärdensprache begleitet wurde, haben wir für das gehörlose Publikum Feelbelts zur Verfügung gestellt, um das Orchester fühlbar zu machen. Das Feedback der Zuschauer war der Wahnsinn. Hier haben wir ganz deutlich gemerkt, dass wir neben dem erhöhten Entertainment-Faktor einen wirklich wertvollen Impact mit unserer Technologie beitragen können.“
Tobias (PS4Source): „Ich habe den Feelbelt schon mal getestet und fand das Gefühl
großartig. Ist geplant, diesen weiter zu entwickeln und wenn ja: Was ist noch möglich?“
Benjamin Heese (Sensit!): „Den Algorithmus, den wir nutzen, um alle Frequenzen fühlbar zu machen, werden wir feinfühliger gestalten. Daneben werden wir künftig andere
Chips mit mehr Rechenleistung verwenden, um eine noch bessere Auflösung zu erzielen, damit du noch mehr Frequenzen gleichzeitig wahrnehmen kannst.
Außerdem stellen wir uns immer wieder die Frage, wie wir den Spagat zwischen einer hohen Produktqualität und einem erschwinglichen Preis hinbekommen, denn wir haben hohe Maßstäbe. Und diese bringen entsprechende Kosten mit sich. So haben wir bisher strikt darauf verzichtet, im Ausland produzieren zu lassen, obwohl das deutlich günstiger wäre. Wir lassen unsere Produkte bis heute in Deutschland herstellen und das soll auch so bleiben.
Es gibt Wettbewerber auf dem Markt, die bspw. eine Weste anbieten. Es ist in meinen Augen total sinnvoll, ein Produkt zu haben, das große Teile des Körpers vollständig abdeckt. Doch wenn wir das machen würden, kämen wir schnell in ein Preissegment, das sich Privatpersonen nicht mehr leisten können.
Tendenziell kann ich mir Nachfolger vom Feelbelt mit Stoffbezug vorstellen, damit er angenehmer zu tragen ist. Nachhaltiger wäre so eine Lösung auch.“
Tobias (PS4Source): „Ich habe vor einiger Zeit gefragt, ob der Feelbelt beim Sport helfen
kann. Da erhielt ich die Antwort, dass ihr das noch testet. Gibt es da
schon Ergebnisse?“
Benjamin Heese (Sensit!): „Ich würde ganz klar sagen: Nein, du wirst durch den Feelbelt nicht abnehmen. Natürlich verbrennst du die ein oder andere Kalorie, wenn dir der Feelbelt bspw. beim Musikhören so ein gutes Gefühl gibt, dass du einfach tanzen MUSST.
Wobei Haptic Feedback jedoch nachgewiesenermaßen hilft, ist bei der Ausschüttung von Oxytocin. Das ist das Hormon, das viele als “Kuschel-” oder “Liebeshormon” kennen. Wenn uns Menschen umarmen, die wir mögen, schütten wir dieses Hormon aus. Es entsteht durch Berührungen. Durch Oxytocin fühlen wir uns geborgen oder schlichtweg wohl.
Menschen, die viel allein sind, haben zumeist weniger Oxytocin im Körper und da können wir mit Haptics gegensteuern.
Hier noch ein greifbares Beispiel: Viele finden es angenehm, eine Katze zu streicheln. Sie ist weich und fängt an, zu schnurren, wenn sie sich wohlfühlt. Das triggert einen Urinstinkt im Menschen und gibt uns ein wohliges Gefühl. Wir schütten Oxytocin aus.
So kann Haptic Feedback also eingesetzt werden, um im Körper Glückshormone auszulösen. Andere Glückshormone wie Endorphine oder Dopamine werden bspw. auch beim bzw. nach dem Sport ausgeschüttet.“
Tobias (PS4Source): „Gibt es einen Bereich, auf den ihr euch am meisten konzentriert?“
Benjamin Heese (Sensit!): „Gaming ist ganz klar im Fokus. Natürlich testen wir immer wieder neue Anwendungsgebiete und die zahlreichen Möglichkeiten bieten das auch einfach an. Hier prüfen wir gerade einige Cases. Der Gaming-Bereich bleibt jedoch im Zentrum.“