Releasetermin: 28.09.2017
Medientyp: Modul, Download
Genre: Rennspiel
Entwickler: Avalanche Software
Herausgeber: Warner Bros. Interactive Entertainment
Ich bin zugegebenermaßen kein Fan von Disneys Cars-Reihe. Noch dazu können Spiele zu Filmen nicht immer überzeugen. Ich erwartete einen durchwachsenen Mario Kart-Klon – wurde durch einige interessanten Mechaniken dann doch positiv überrascht. Cars 3 ist unter anderem auch für PS4 erhältlich, ich habe mir aber die Nintendo Switch-Version vorgeknüpft und berichte euch die Stärken und Schwächen des Rennspiels.
Mit Vollgas gegen das Alter
Lightning McQueen hat zwei Filme lang bereits jede Menge Geschwindigkeitsrekorde gebrochen und Kinder auf der ganzen Welt begeistert. Der rote Wagen mit den großen Augen und schicken Spoiler hat allmählich Kultstatus. Nach seinen ersten beiden Abenteuern droht jetzt aber die Gefahr, das Racer-Zepter an die neue Generation abgeben zu müssen. Kann die in die Jahre gekommene Kiste da noch mithalten? Die Prämisse des dritten Cars-Films stellt auch die Grundlage für das Spiel dar. Einige Zwischensequenzen stellen uns schon zu Beginn viele der befreundeten Karren vor, zudem erfahren wir durch regelmäßigen Audiokommentar unserer Kollegen mehr über die Welt der bunten Autos.
Ehrlich gesagt habe ich mir nicht viel von der Geschichte behalten. Das liegt aber auch daran, dass das Erzählte wirklich recht spärlich ausfällt. Für die Jüngeren unter uns sind die schrillen Konversationen zwischen den Autos sicherlich total gelungen und ich gestehe gerne, dass die sprechenden Vehikel durchaus Charme versprühen. Tiefgehende narrative Substanz dürfen Spieler hier aber wirklich nicht erwarten.
Überraschende Mechaniken mit hoher Lernkurve
In einigen Videos, die ich mir vor Release angeschaut hatte, kam ich wie erwähnt schnell zum Mario Kart-Vergleich. Cars 3 geht viele Aspekte allerdings anders an, was man schon in den ersten Rennen bemerkt. Neben klassischen Rennspiel-Mechaniken wie Beschleunigen und Bremsen darf natürlich auch die Möglichkeit zum Boost und Drift nicht fehlen, doch hat der Titel noch mehr Funktionen parat. Wir können springen und eine überschaubare Anzahl an Tricks in der Luft vollführen. Die Wagen können auf zwei Reifen fahren oder aber den Rennkurs rückwärts befahren. Auch ist es den Vehikeln möglich, ihre Widersacher links und rechts zu rammen. Aus diesem Grund wird die Action auf dem Asphalt kaum langweilig. Sämtliche Manöver füllen unsere Turbo-Anzeige auf. Zudem präsentiert jede Strecke diverse Trickfelder, die besonders viel Boost verleihen, wenn wir beim Überqueren der Felder die richtige Aktion ausführen.
Während ich die Idee grundsätzlich toll finde, ist die Umsetzung nicht perfekt. Ich hatte auch nach vielen Stunden nicht das Gefühl, mein Auto vollends unter Kontrolle zu haben. Drifts steuern sich anfangs beispielsweise sehr penibel, nach einiger Zeit gewöhnt man sich jedoch an das Feature. Besonders die Rückwärtsfahrt mit spiegelverkehrter Steuerung und der Zweirad-Trick haben mich des Öfteren schnell in die Banden fahren lassen. Da sich der Titel mutmaßlich an Kinder richtet, erschließt sich mir nicht so ganz, wieso die Manöver solch ein hohes Maß an Koordinationsfähigkeit erfordern. Es benötigt nach meiner Erfahrung mehrere Stunden, um die Aktionen im ständigen Wechsel auf den Strecken einwandfrei auszuüben. Das macht den Einstieg für neue Spieler unnötig komplex, was ich in diesem Genre der Arcade-Racer schade finden.
Beachtliche Herausforderung für Groß und Klein
Es wäre alles halb so wild, wenn man nicht regelrecht angewiesen auf den Turboschub ist. Cars 3 stellt sich als erstaunlich knackiges Rennspiel heraus. Es gibt drei Schwierigkeitsgrade, doch selbst die Stufe “Leicht” hat es dank starkem Rubberbanding in sich. Man entkommt seinen Verfolgern selbst bei perfekter Fahrweise kaum, was einen winzigen Fehler in der letzten Runde in Frust resultieren lässt. Mit ein wenig Übung und einer Handvoll Neuversuche ist jedes Event machbar, keine Frage. Bei meiner Einschätzung muss ich aber an jüngere Kinder denken, die sich von der Cars-Lizenz angesprochen fühlen und wohl zunächst überfordert sein werden. Ich hatte durchaus Spaß mit den Mechaniken und der knackigen Herausforderung. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie die kindliche Aufmachung und die beachtliche Lernkurve zusammenpassen.
Tolle Abwechslung im Aufgebot der Spielvarianten
Kommen wir wieder zu erfreulicheren Themen: Cars 3 präsentiert einen durchaus überzeugenden Umfang. Es gibt diverse Eventarten, nämlich klassische Standardrennen, Kampfrennen, Stunt-Show, K.O.-Wettkampf und Zeitfahren.
In Standardrennen müssen Spieler mit den oben genannten Mechaniken auskommen, in Kampfrennen steht ihnen zusätzlich ein Arsenal an verschiedenen Waffen zur Verfügung. Aufgesammelte Items liefern zum Beispiel explosive Ölfässer, Raketen oder ein Maschinengewehr. Diese Waffen können einerseits den Weg zum ersten Platz erleichtern, doch andererseits setzen auch die Feinde ihre Mittel gnadenlos ein und stellen inbesondere in der letzten Runde vor dem Ziel eine große Gefahr dar. Wer lieber der einzige Fahrer sein möchte, der mit Waffen um sich schießt, wird Gefallen am K.O.-Wettkampf finden. In diesem Modus gilt es, möglichst viele Wellen an KI-Fahrzeugen in begrenzter Zeit abzuschießen. In der Stunt-Show dreht sich alles um die Trickmöglichkeiten, die sich uns nach dem Sprung von einer Rampe bieten. Zeitfahren dürfte selbsterklärend sein, doch möchte ich noch anmerken, dass das Erreichen von zwei oder gar allen drei Sternen einmal mehr eine echt fordernde Angelegenheit darstellt.
In der Pokal-Serie gibt es hingegen die Gelegenheit, mehrere Events in einem Turnier zu kombinieren. Auch die Idee der “Meister-Events” hat mir gefallen. Hier treten wir in vier Veranstaltungen gegen KI-Figuren in ihrer Paradedisziplin an – Bosskämpfe quasi. Dann wäre da noch der Stunt-Park, in dem wir völlig frei an unseren Fertigkeiten feilen, uns aber ebenso an zahlreichen Herausforderungen versuchen können. Die verschiedenen Modi sorgen für eine gelungene Abwechslung, da jeder Modus andere Stärken betont.
Während wir ein Event nach dem anderen bestreiten, machen wir einen stetigen Fortschritt in der Ruhmeshalle. In unterschiedlichen Kategorien wie beispielsweise “Fahrkönnen”, “Waffenbeherrschung” oder “Event-Erfolge” werden insgesamt 136 “Tests” präsentiert, die wir nebenbei bewältigen sollen. Die ersten Ziele werden durchaus nebensächlich im Laufe des natürlichen Spielens erreicht, doch ab einem bestimmten Punkt schaut man immer wieder gezielt in die Übersicht um nachzuschauen, welche Tests denn noch offen stehen. Auf diese Weise widmet man sich auch Events und Herausforderungen, die man eventuell links liegen lassen würde, was der Abwechslung gut tut.
Fortschrittsgefühl dank regelmäßiger Freischaltungen
Cars 3 hat viele Events sowie eine gelungene Anzahl an verschiedenen Vehikeln und Strecken auf Lager, doch müssen diese nach und nach freigeschaltet werden. Dies geschieht wiederum durch Siege in verfügbaren Events, sodass regelmäßig neuer Inhalt frei wird. Es gibt 23 individuelle Fahrzeuge, die teilweise abhängig vom Ruhmeshallen-Fortschritt, teilweise bedingt durch andere Ziele (z.B. Besiegen des Autos im entsprechenden Meister-Event) freigeschaltet werden. Optisch unterscheiden sich die Wagen gelungen, allerdings scheinen sich alle Vehikel gleich schnell zu fahren. Immerhin können wir die Wagen noch mit variierenden Hupeneffekten, Beleuchtungen und Boostfarben ausstatten. Diese modifizierbaren Eigenschaften werden ebenfalls immer wieder freigeschaltet.
Insgesamt 21 Strecken lassen sich befahren, die ebenso im Laufe des Spielens als Belohnung verteilt werden. Manche Strecken basieren auf denselben Umgebungen, doch ich finde die Abwechslung des Streckenaufgebots wirklich gelungen. Auch das Design der Rundkurse gefällt mir gut. Es gibt viele Abkürzungen und alternative Wege zu entdecken, die in Verbindung mit den besonderen Mechaniken wirklich unterhaltsam inszeniert sind. Scheinbar recycelt Cars 3 zwar einige Strecken vom Vorgänger, doch da ich Cars 2 nie gespielt habe, hat mich der Umfang des dritten Teils überzeugt.
Durch lokalen Multiplayer gut geeignet für die Switch, leider aber ohne Online-Variante
Cars 3 lässt sich auf der Switch eingedockt auf dem TV, im Handheld-Modus oder auch im Tabletop-Modus mit getrennten Joy-Con spielen. Zudem wird der Pro-Controller unterstützt. Das Spiel kommt mit einem lokalen Multiplayer daher und so können in fast jedem Event bis zu drei weitere Spieler beitreten. Mit dem “Gesponsorten Team-Spiel” gibt es sogar einen separaten Multiplayer-Modus, in dem wir gegen unsere Freunde antreten oder uns zusammenschließen können. Da sich die Joy-Con dafür wunderbar anbieten, können die Wagen auch mit einem einzelnen Joy-Con gesteuert werden. Auf diese Weise hat jeder Switch-Besitzer automatisch einen zweiten Controller für einen Freund auf Lager.
Durch die kleine Form der Joy-Con und die ohnehin schon eher komplexen Mechaniken würde ich aber wirklich nur notgedrungen zu dieser Steuervariante greifen. Wer zusätzlich noch einen Pro-Controller oder ein weiteres Paar Joy-Con hat, wird mit seinen Freunden in den Events wohl besser abschneiden. Während das lokale Multiplayer-Geschehen sehr spaßig ausfällt, bin ich darüber enttäuscht, dass es keinen Online-Multiplayer gibt.
Einbrüche der Bildrate keine Seltenheit
Auf der Switch macht das Spiel also vieles richtig und auch die grafische Darstellung ist solide. Die bunten Autos und auch manche Strecken sind wirklich ansehnlich gestaltet. Die grafische Qualität kommt zwar nicht an Mario Kart 8 Deluxe heran, doch punktet Cars 3 immer wieder mit hübschen Momenten. Ein größeres Problem stellt die Performance dar. Nicht selten bricht die Bildrate merklich ein. Das ist phasenweise besonders schlimm in der Handheld-Konfiguration. In Kampfrennen fühlt sich das Geschehen manchmal kurzzeitig wie eine Diashow an. Eingedockt bessert sich die Performance, allerdings gibt es in so gut wie jedem Rennen mal mehr, mal weniger schwerwiegende Einbrüche der Bildrate. Unspielbar ist Cars 3 auf der Switch keineswegs, doch habe ich schon länger keinen Konsolentitel mit derartigen Framerate-Problemen mehr gespielt, was den Eindruck schmälert.