Releasetermin: 26.08.2016
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action/Adventure
Entwickler: Omega Force
Herausgeber: Koei Tecmo
Nicht nur der Manga von Shingeki no Kyojin konnte beeindruckende Stückzahlen verkaufen. Attack on Titan gehört zu den größten Anime-Erfolgen der letzten Jahre, eine zweite Staffel ist bereits in Arbeit. Selbst zwei Live-Actionfilme zog das Universum mit sich. So wundert es mich fast, dass es so lange gedauert hat, bis Attack on Titan nun auch auf Videospielkonsolen gekommen ist. Koei Tecmo hat sich die Lizenz geschnappt und dem Team von Omega Force die Umsetzung von A.O.T. Wings of Freedom anvertraut, das sich einen Namen durch die Dynasty / Samurai Warriors Reihe gemacht hat. Kann das Spiel zur Serie die rasante und brutale Action der Vorlage gelungen herüber bringen? Finden wir es heraus!
Titan Warriors
Auch wenn der Titel aus dem Studio stammt, das die angesprochenen Warriors-Reihen kreierte, fühlt sich Attack on Titan nicht an wie die gewöhnliche Massenschlachten der Musou-Spiele. Zwar hat A.O.T. ebenfalls Dutzende von Gegnern auf den Schlachtfeldern, die darauf warten, von uns niedergestreckt zu werden. Doch mit seinem Fokus auf die riesigen Titanen legt der Titel einen größere Bedeutung auf Strategie und gutes Timing. In Kombination mit der neuen Spielmechanik um “3D-Manöver-Bewegung” ergibt sich ein frisches Spielgefühl. Diese spezielle Ausrüstung verschießt Anker, die in Kombination mit Drähten für schwungvolle Luftmanöver sorgen. Das Abschießen der Enterhaken und das Schwingen funktioniert per simplem Knopfdruck und macht schlichtweg Spaß.
Ich war oftmals an Spiderman erinnert und wurde allein dadurch unterhalten, mich in den recht großen Arealen des Spiels mit den Fortbewegungsmechaniken auszutoben. Ein manueller Boost hilft dabei, nicht nur spontan ausweichen zu können, sondern auch die Flugrichtung zu korrigieren und schneller zu werden. Dieser Boost verbraucht “Gas”, was sich als konsumierbarer Gegenstand finden und verdienen lässt. Ebenso gibt es in Form von Stärkemittel zur Gesundheitsauffrischung und Waffenklingen – diese nutzen sich nämlich ab und müssen regelmäßig ausgetauscht werden – weitere Items zur spontanen Benutzung.
Geschick und Timing geben den Ton an
Gelegentlich wird es allerdings auch herausfordernd, Eren und Co. in der Luft zu kontrollieren. Allen voran in weitflächigen Arealen ist die rasante Fortbewegung durch die Enterhaken knifflig – Übung macht den Meister! Auch im Kampfsystem wird diese Mechanik zum zentralen Aspekt, der sich in Gefechten gegen Titanen zeigt. Visieren wir einen solchen Feind an, wird der Kampfmodus aktiviert und so liegt unser Fokus voll und ganz auf dem Titan. Anker können am Nacken, beiden Armen oder beiden Beinen befestigt werden, wodurch wir diverse Schwungattacken ausführen oder uns näher an die Bestie heranziehen können. Schnellen wir Richtung Titan, wird mit einem rechtzeitig abgestimmten Knopfdruck für beachtlichen Schaden gesorgt – hier kommt das angesprochene Timing-System zum Vorschein. Je höher die Schwunggeschwindigkeit und je besser das Timing, desto höher die Schadensausbeute und desto weniger Anläufe benötigen wir dabei, uns an den Titan heranzuschwingen.

Epische Schlachten gegen Titanen… und die Kamera
Das Kampfsystem ist wirklich kreativ und es fühlt sich einfach fantastisch an, mit sehenswerten Luftmanövern die großen Feinde auszuschalten. Hin und wieder wechselt der spielbare Charakter und mit leicht abweichendem Manöveraufgebot ist auch für eine gewisse Abwechslung beim Kämpfen gesorgt. Sobald allerdings viele Titanen auf einmal im Blickfeld sind, hat das Konzept eine große Schwäche. Es kann unnötig schwer sein, den richtigen Gegner und das richtige Körperteil anzuvisieren. Nach bereits 1-2 Stunden Spielzeit warten schon die ersten Titanen-Horden auf uns, die das Kampfgeschehen viel zu chaotisch gestalten. In 1-gegen-1 Momenten, lass es auch 2 oder 3 Gegner sein, gefällt mir das akrobatische Kämpfen vorzüglich. Bosskämpfe gegen besonders große und starke Wesen zählen ebenfalls zu meinen Highlights.
Sobald sich mehr Wesen auf dem Bildschirm tummeln, ist eine kontrollierte Spielweise aber nur beschränkt möglich. Das liegt unter anderem auch am Kamerasystem, das mit der Anvisierung nicht sonderlich intuitiv ausfällt. Wer die Warriors-Reihen kennt, weiß, dass Omega Force ein Fan von großen Feindesmaßen sind. Dementsprechend oft enden die großen Gefechte im Chaos, was den zentralen Aspekt des Spiels leider abschwächt. Mich schreckte das ungewöhnliche Kampfsystem deshalb gar zunächst ab, doch sorgt ein gelungenes Tutorial dafür, dass ich mich an die Elemente zumindest gewöhnt habe.
Neue Schwerter, Behälter und Bewegungsausrüstung
Das Ziel im Kampf gegen Titanen ist für uns stets der Nacken des Giganten, denn dort ist der einzige Schwachpunkt der übernatürlichen Feinde vorzufinden. Doch ist es nicht immer sinnvoll, sich geradewegs auf den Hals des Feindes zu stürzen. Die Titanen lassen sich durch Angriffe auf die anderen Körperteile schwächen. So können sie sich folglich beispielsweise schlechter fortbewegen oder schlechter angreifen. Besonders bei stärkeren Feinden ist dies zu empfehlen. Weiterhin halten die Arme und Beine gelegentlich mächtige Ressourcen für uns bereit. Denn dreht sich in Attack on Titan ein großer Teil des Geschehens um die Anfertigung neuer und Verbesserung bestehender Ausrüstung. Verwertbare Materialien lassen sich finden und winken als Belohnung für erfolgreiche Missionen. Dazu steht eine Art Schmied und ein Materiallager zu vielen Punkten des Spiels zur Verfügung. Auf diese Weise lässt sich unsere Ausstattung konstant verbessern, was die Chancen im Kampf erhöht.
Eine Ingame-Währung namens “Regimentsgelder” macht zudem möglich, neue Objekte wie Ausrüstungsteile und benötigte Materialien zu erwerben. Spieler müssen stets abwägen, ob es sich lohnt, für potenziell hilfreiches Loot die optionalen Körperteile anzugreifen. Denn in den großen Arealen haben wir meist nicht nur eine Hauptaufgabe, sondern können unseren Kameraden in Nebentätigkeiten zur Hilfe kommen. Mal müssen wir eine Gegend beschützen, mal bestimmte Titanen ausschalten und mal eine Figur eskortieren. Diese Aufgaben sind fast immer zeitlich begrenzt und so stellte ich mir oft die Frage, ob ich lieber einem Hilfeschrei folge, oder ob ich mir im Kampf gegen einen Titan Zeit lasse und sämtliche Ressourcen erlange. Die strategische Komponente erweitert das Spielgeschehen gelungen und verknüpft die Kämpfe mit dem motivierenden Fortschrittssystem.
Aufstufungs-Mechaniken sorgen für Tiefgang
Neben der Verbesserung von Waffen und der 3D-Bewegung liegt außerdem ein Level-System vor. Spieler werden mit Erfahrungspunkten belohnt, die zu Aufstufungen führen und den Spieler vor mehr Möglichkeiten stellen. So erlangen Figuren beim Level-Aufstieg der “Regimentenfähigkeit” Charakterübergreifend mitunter Zugang zu neuer Ausrüstung und Upgrades. Der “Soldatenfähigkeit”-Rang hingegen ist Figurenabhängig und schaltet neue aktive und passive Fähigkeiten frei, die wie erwähnt Abwechslung ins Spiel bringen. Dieses RPG-System motiviert und zählt zu den Stärken des Spiels.
Der Fortschritt der Figuren ist eng verknüpft mit der Handlung. Denn haben Spieler die Möglichkeit, die Geschichte der ersten Staffel von Attack on Titan nach zu erleben.
Und wir sind die Jäger!
Die Story handelt von einer Welt, in der riesige Titanen – 3m bis 15m groß, in Ausnahmefällen gar über 60m – eines Tages auf der Welt erscheinen. Die brutalen Wesen scheinen nur ein Ziel zu haben: Menschen zu verschlingen. Über mehrere Jahre hinweg gelang es den großen Kreaturen, einen Großteil der Menschheit auszulöschen. Die verbleibenden Überlebenden machten es sich indes zum Ziel, die Titanen mit gewaltigen Mauern fern zu halten und richteten ein Stadtsystem mit drei mächtigen Mauern auf. Die Handlung begleitet einige Bewohner, die von der wüsten Brutalität der Titanen traumatisiert wurden – denn ist es der mysteriösen Spezies gelungen, die erste Mauer aufzubrechen und zu den Menschen vorzudringen.
Das Spiel erzählt, wie die Figuren Eren, Mikasa, Armin, Levi und andere Rekruten zur 104. Trainingseinheit stoßen und sich vornehmen, die Titanen zu vernichten, die Menschheit zu retten und ihr Freiheit zu schenken. Die Entwicklung der Figuren ist toll dargestellt und die Präsentation ist gut eingebunden ins Geschehen. Die Geschichte wird dabei auf diverse Art fortgeführt. Wichtige Ereignisse zeigen sich in hübsch animierten Szenen. Gelegentlich sind zudem Flashbacks implementiert und auch Visual Novel-Anteile sind mit von der Partie. Hin und wieder, zwischen den epischen Kämpfen, können wir uns mit Nebenfiguren unterhalten und so mehr über diese erfahren. Der Geschichtsmodus ist wirklich gelungen und rekonstruiert die bekannte Handlung sehr gut. Dabei umfasst das Spiel die Geschehnisse der ersten Staffel und auch die der zusätzlichen OVAs. Natürlich wird nicht so ins Detail gegangen wie im Anime oder gar im Manga, doch dürfte die Handlung sowohl A.O.T.-Fans als auch Neulinge im Universum überzeugen.
Auf Expedition und Erkundung
Als alternative Spielvariante präsentiert sich der Expeditionsmodus, in dem etliche Nebenaufgaben angegangen werden können. Während die Handlung im “Angriffsmodus” 20 Missionen bietet, stehen hier 66 Quests zur Verfügung. Jede Aufgabe hat wie in der Story optionale Nebenziele, die für Abwechslung und noch mehr Spielzeit sorgen. Die Aufgaben sind unterteilt in zwei Varianten. In Expeditionsmissionen haben Spieler die Option, nach einer gewonnenen Schlacht gleich in die nächste einzusteigen. Zwar geht man so gegebenenfalls geschwächt in den Kampf, doch winken auch Runde für Runde bessere Belohnungen. Erkundungsmissionen schicken den Spieler in ein unerkundetes Gebiet, wo mehrere Missionen auf uns warten. Die Tätigkeiten unterscheiden sich in den beiden Varianten leider nur wenig.
In der Geschichte erzielen die Missionen eine bessere Wirkung, denn lockern die zwischenzeitigen Story-Sequenzen das Geschehen auf. Arbeiten wir die Expeditions-Aufgaben ab, kommt nach einer Weile ein repetitives Spielgefühl auf. Zwar ist es schön, dass dieser Modus für Fans, die nicht genug bekommen können, implementiert ist. Bei Absolvierung aller Missionen werden gar fünf weitere, finale Quests freigeschaltet. Doch ist die Story eindeutig das Hauptaugenmerk des Spiels, die mit einer Art New Game+ ebenfalls eine große Spielzeit zu bieten hat.
Statuen und Online-Koop als Highlights
Dennoch hat der Expeditionsmodus seine Vorzüge vorzuweisen. So sind hier beispielsweise die Party-Mitglieder wirklich zu gebrauchen. Wir können bis zu vier Charaktere mit auf unseren Titanen-Streifzug nehmen, doch zeigen die Figuren in den Story-Aufgaben nur selten gute Aktionen. Hier jedoch gibt es gesonderte Hilfshelden freizuschalten, die uns im Kampf durchaus helfen können. Auch die freie Wahl über den gespielten Charakter spricht für den Modus, denn ist dieser in der Handlung stets durchs Spiel bestimmt. Ein nettes Feature ist die Möglichkeit, “Titanen-Statuen” kaufen zu können, die im zentralen Lager des Expeditionsmodus platziert werden. Unnötig, aber doch irgendwie charmant:
Weiterhin schlummert hier ein zusätzliches Highlight: Online-Koop ist für bis zu vier Spieler möglich. Da sich die Teilnehmer in Absprache aufteilen und gesondert voneinander die Feinde besiegen können, kommt es hier zum Glück seltener zum Chaos als noch im Singleplayer. Wer einige Freunde mit auf Titan-Jagd nimmt, wird zudem sämtliche Sorgen rund um Repetition ganz schnell vergessen. Während Solo-Spieler also besser im Story-Modus aufgehoben sind, hält der Expeditionsmodus dank der Koop-Möglichkeit den vermeintlich größten Spaß bereit. Da wird der große Umfang mit 66 Missionen zum Segen: Ihr habt mit euren Freunden etliche Spielstunden vor euch.
Schwankende Grafik-Qualität und Performance-Probleme
Wings of Freedom strebt mit seinem gelungenen Grafik-Stil der Optik des Animes nach. Eine Art Cel-Shading Technik kam zum Einsatz, die insbesondere die Spielfiguren toll präsentiert. Auch so mancher Titan ist aufwendig gestaltet und manches Areal außerhalb der Mauern punktet mit hübschem Design. Zudem überzeugen die Zwischensequenzen mit einer sehenswerten Darstellung.
Dennoch hat die Grafik ihre Schwächen. So hat mich beispielsweise die Anti Aliasing-Lösung des Spiels gestört, die allen voran Charakterumradungen mit hässlichen Störlinien verziert. Die Schatten sind niedrig aufgelöst, Texturfilterung findet quasi kaum statt. Generell zeigen sich die meisten Umgebungstexturen unschön und verpixelt, was das Gesamtbild trübt. So mancher Titan kann optisch ebenso nicht überzeugen und erinnert an PS3-Zeiten. Zu allem Überfluss geht die Framerate bei großer Action in die Knie und so kommt es hauptsächlich bei vielen Titanen im Kampf zu starken Rucklern. Insgesamt hat mich der Grafikstil aber genügend überzeugt, um über die Probleme weitestgehend hinwegsehen zu können. Wären die nervigen Framerate-Einbrüchen nicht, würde mir die grafische Darstellung gar richtig gefallen. Stellenweise kommt das Gezeigte dem Anime schließlich erstaunlich nah!
Sämtliche Stimmen sind in Japanisch vertont, während sämtliche Texte in Deutsch erscheinen. Auch übersetzte Untertitel sind gegeben. Der Soundtrack ist kraftvoll und passt stets zum rasanten, brutalen Geschehen.
Fazit
Attack on Titan: Wings of Freedom hat absolut überzeugende Ansätze. Das Kampfgeschehen ist kreativ gestaltet und macht mit seiner 3D-Bewegung großen Spaß. Sobald allerdings viele Titanen auf dem Bildschirm zu sehen sind, versinkt das Geschehen in Chaos und Kameraproblemen. Eine abwechslungsreiche Kampagne, die den Ereignissen aus der ersten Staffel folgt, weiß aber, die Schwächen zu verschleiern. Sie zeichnet sich mit einer guten Struktur aus und motiviert mit einem RPG-Fortschrittssystem zum Weiterspielen. Die Geschichte ist dabei beeindruckend umgesetzt und wird der Vorlage überaus gerecht. Ein alternativer Modus bietet weiterhin jede Menge zu tun, wird mit seinen eintönigen Tätigkeiten allerdings repetitiv. Dafür kommt hier ein Online-Koop für bis zu vier Spieler zum Einsatz, in dem der vermeintlich größte Spaß lauert. Trotz teils chaotischem Geschehen kann ich den Titel allen Anime- und A.O.T.-Fans empfehlen. Und selbst Spiderman-Fans dürften ihren Spaß am 3D-Manöver-Konzept haben – das Schwingen ist nun einmal eine fantastische Spielmechanik!
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