Releasetermin: 29.05.2019
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure, First-Person-Shooter
Entwickler: SIE London Studio
Herausgeber: Sony Interactive Entertainment
Als Playstation VR im Oktober 2016 herausgekommen ist, konnte mich eine Erfahrung in der virtuellen Realität wirklich überzeugen. Playstation VR Worlds bestand zwar nur aus kürzeren Erlebnissen, die eher Tech Demo als ausgereiftes Spiel waren. Trotzdem hat mich allen voran das “London Heist”-Segment sehr fasziniert, da es ein schönes Setting und spannende VR-Schießereien bot. Daher freute ich mich sehr über die Ankündigung, dass das SIE London Studio einen vollwertigen Titel auf Basis der London Heist-Erfahrung kreieren durfte. Das Ergebnis aus diesem Vorhaben – Blood & Truth – ist nun endlich auf dem Markt. Doch kann das PSVR-Spiel heutzutage noch mit dem überzeugen, was die 15-minütige Action-Demo vor drei Jahren ausmachte? Ich habe es für euch herausgefunden.
Seichte Handlung, dafür mit spektakulärer Präsentation
Spieler schlüpfen durch das VR-Headset in die Rolle des Ex-Soldaten Ryan Marks, der aufgrund eines Todesfalls in seine Heimat zurückkehrt. Kurz darauf wird seine Familie von einem Gangsterboss heimgesucht, der sich das ebenfalls nicht ganz saubere Imperium der Marks-Familie unter den Nagel reißen möchte. Ryan fühlt sich gezwungen, seine Widersacher aufzuspüren und für Gerechtigkeit in London zu sorgen. Die Geschichte gibt im Grunde genommen nicht viel Substanz her. Wie in vielen Agenten- und Actionfilmen dreht sich vielmehr alles um die Action zwischen Hauptfigur und Antagonist. Trotzdem konnte ich der Präsentation der Story vieles abgewinnen. Das Geschehen wird mit Hilfe von Rückblicken erzählt, die sicherstellen, dass die Geschehnisse stets vielfältig bleiben. Auch die Animationen der Charaktere und die Vertonung dieser tragen toll zur Umsetzung bei. Der Action-Aspekt steht jederzeit im Vordergrund. Die restlichen Elemente behindern diese Action-Ausrichtung nicht, sondern reihen sich gelungen in das Gesamtkonzept ein.
Keine freie Bewegung, doch erstklassig gestaltete Levels trösten gerne darüber hinweg
Der VR-Titel schickt seine Spieler durch eine Reihe von linearen Levels, die allesamt recht abwechslungsreich aufgemacht sind. Die Fortbewegung läuft zum Teil “auf Schienen” ab, ihr bewegt euch also automatisch durch verschiedene Gänge. Hin und wieder können wir in geringfügig offeneren Bereichen auch selbst entscheiden, welchen Punkt wir als nächstes einnehmen möchten. Dafür zeigen wir auf eine anwählbare Stelle und laufen anschließend an besagten Ort. Blood & Truth versteht es, regelmäßig Vielfalt in die Fortbewegung zu bringen und lässt die VR-Spieler zum Beispiel auch mal durch eine realistische Kletterbewegung an einer Wand fortschreiten oder an einer Verfolgungsjagd teilhaben, während der wir in einem Auto sitzen. Eine große Stärke des Spiels ist es, dass es den Spieler nie langweilt, da wir immer neue Ereignisse in der Umgebung erleben und selbst banale Aktionen spaßig in Szene gesetzt sind.
Länger als ein Spielfilm, kürzer als die meisten Videospiel-Singleplayer-Kampagnen
Zugegebenermaßen hat auch die überschaubare Spielzeit von fünf bis sechs Stunden ihren Anteil daran, dass mir während des Durchgangs zu keiner Sekunde langweilig war. Mit einem zeitlich begrenzten Highscore-Modus und Sammelobjekten ausgestattet, kann man allerdings auch weitere Stunden Spaß mit Blood & Truth verbringen. Noch dazu kam der Titel zum Budget-Preis heraus und da VR-Spiele dieser Qualität rar sind, geht das Preis-Leistungsverhältnis völlig in Ordnung. Die Entwickler möchten weitere Spielmodi und einen neuen Schwierigkeitsgrad per Patch nachreichen, worauf ich bereits gespannt bin.
Spielbar auf Dualshock 4, doch Nutzung von Move Controllern quasi Pflicht für die richtige Erfahrung
Wie in vielen VR-Spielen besteht das Highlight von Blood & Truth in der immersiven Interaktivität mit der Spielwelt, die durch den Dualshock 4- oder zwei Move-Controller möglich werden. Ich möchte kurz ein Wort zur Steuerung per PS4-Pad sagen: Das Geschehen funktioniert auch mit dem normalen Controller, fühlt sich aber bei weitem nicht so gut an. Es ist auf zwei Motion Tracking-Controller ausgelegt und so solltet ihr euch einen Kauf zweimal überlegen, wenn ihr keine zwei Move-Wands habt. Mit zwei Geräten ausgestattet, steuert ihr zwei virtuelle Hände separat voneinander. In Missionen erhalten Spieler stets neue Waffen, mit denen ihr euch austoben könnt. Das Waffengefühl ist fantastisch umgesetzt und macht zielgenaue Kopfschüsse mit etwas Konzentration mehr als möglich. Auch gefallen hat mir, dass ich die Wummen mit Aufsätzen wie einem Schalldämpfer und neuen Visier ausstatten sowie mit Skins verzieren konnte.
Actionheld-Simulator 2019
In actionreichen Situationen kann es aber auch mal hitzig werden, sodass ein guter Umgang mit den Waffen erfordert ist. Dazu gibt es Granaten und interaktive Elemente in den Schauplätzen, die sich beim Kampf gegen die Feinde ausnutzen lassen. Besonders hilfreich ist auch ein Präzisionsmodus, mit dem ich in Zeitlupe auf verwundbare Stellen von Gegnern ziele und diese sehr effizient ausschalte. Dass ihr Granaten von Gegnern mit Geschick wieder zurückwerfen oder in der Luft abschießen könnt, trägt ebenfalls dazu bei, dass sich die Schusswechsel sehr unterhaltsam spielen.
Die Level sind clever aufgebaut und warten mit vielen bombastischen Momenten auf den Spieler. In Kombination mit ruhigeren Aktivitäten wie beispielsweise die Nutzung diverser Tools ergibt sich ein gelungener Spielfluss. Mal hacke ich ein Zugangspad, mal befreie ich eine Figur von Fesseln. Das klingt unspektakulär, ist in der virtuellen Realität durch die direkte Steuerung aber dennoch spaßig. Ein höherer Schwierigkeitsgrad hätte diesen Interaktionen dennoch nicht geschadet. Diese Rätselsegmente sind nämlich extrem simpel zu lösen.
Für die größte Schwäche sorgt die Hardware
Der Spaß hält aber nur so lange an, wie das Tracking der Playstation Kamera einwandfrei mitspielt. Ich habe leider schon häufiger festgestellt, dass die Bewegungserfassung des Headsets zwar ausreichend umgesetzt ist, aber die Erfassung der Move Controller zu wünschen übrig lassen. Die verbaute Technik der Moves ist schließlich schon acht Jahre alt, so lange sind die Controller schon auf dem Markt. Gerade wenn man den Vergleich zur Lighthouse-Trackingtechnologie von Valve zieht oder auch das erstaunlich gute Inside-Out-Trackingsystem der Oculus Rift S und Oculus Quest kennt, wirkt die PSVR-Lösung teils archaisch. Die Aktionen in Blood & Truth erfordern eine präzise Steuerung, die nicht zu jeder Zeit gegeben ist und somit für Frust sorgt. Über weite Teile merkt man im Spielgeschehen nicht viel von den Problemen. Leider habe ich beim Spielen dennoch gelegentlich davon geträumt, Blood & Truth mit einwandfreier Room Scale-Unterstützung durch Lighthouse-Trackingstationen zu erleben. Eine überarbeitete Tracking-Implementation im PSVR-Nachfolger und Abwärtskompatibilität auf der PS5 könnten in einigen Jahren diese Idee womöglich zur Realität werden lassen.
Audiovisuell auf hohem Niveau
Ich habe auf einer PS4 Pro gespielt, die das Spiel mehr als ordentlich in Szene setzt. Die Figuren kommen recht scharf herüber und auch die Areale sind optisch gut umgesetzt. Blood & Truth ist nicht unbedingt das bestausehendste PSVR-Spiel, da hat Astro Bot zum Beispiel noch die Nase vorn. Trotzdem spielt es optisch in der obersten Liga mit. Dasselbe gilt für die akustische Umsetzung. Die deutschen Sprecher sind passend gewählt und leisten einen guten Job. Besonders beeindruckt hat mich die räumliche Inszenierung, die bei guten Stereo-Kopfhörern zur Geltung kommt.