Releasetermin: 09.06.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Rennspiel, Simulation
Entwickler: Codemasters
Herausgeber: Codemasters
Die Dirt-Reihe hat bereits einige Jahre auf dem Buckel. Nach längerer Pause lieferte Codemasters mit Dirt Rally im vorletzten (Early Access) bzw. in diesem Jahr (finale Veröffentlichung) eine fantastische Rallye-Simulation ab. Überraschend wurde kurz darauf bereits Dirt 4 angekündigt, das nun wenig später bereits in den Läden steht. Der Titel versteht sich aber nicht als direkter Nachfolger vom erfolgreichen und beliebten Dirt Rally, sondern vielmehr als Kollektion aus all dem, was die Entwickler seit Anbeginn der Reihe gelernt haben. Zieht Dirt 4 dabei die richtigen Schlüsse oder bleiben viele Stärken der Reihe auf der Strecke? Ich habe es in Höchstgeschwindigkeit herausgefunden.
Gamer oder Simulationsfreund?
Um möglichst viele Spieler zufrieden zu stellen, können wir jederzeit zwischen zwei verschiedenen Fahrstilen hin und her schalten. „Simulation“ orientiert sich an Dirt Rally und ist entsprechend schwerer zu meistern. Gamer hingegen schaltet mehrere Fahrhilfen ein und bietet dadurch eine weniger anspruchsvolle Variante, den Titel zu erleben. Da Dirt Rally nicht gerade einsteigerfreundlich war, kommt solch eine einfachere Alternative im Fahrverhalten sehr gelegen. Mir hat zudem gut gefallen, dass Spieler diese Fahrstile noch nach Belieben anpassen können. Wer sich mit beiden vorgefertigten Versionen also nicht ganz wohl fühlt, kann mit den verschiedenen Einstellungen experimentieren und seine eigenen Anpassungen vornehmen.
Fans von Dirt Rally werden sich unter Umständen auch erst in den Einstellungen austoben, bevor sie zufrieden mit dem Fahrverhalten der Vehikel sind. Denn auch wenn die Simulations-Voreinstellung hier der von Rally recht nahe kommt, unterscheidet sie sich in kleinen Nuancen. So fühlen sich die Wagen im Kurvenverhalten hier beispielsweise etwas griffiger an. Wer also direkt von Rally kommt, muss sich eventuell zunächst umgewöhnen.
Der Einfluss von Dirt Rally ist aber nicht nur bei der Fahrphysik ersichtlich. So fallen beispielsweise auch die Rückblenden weg, mit denen man in früheren Teilen durch Zurückspulen noch Fehler ausbügeln konnte. Streckenansagen sind nach wie vor wichtiger Bestandteil. Auch die Präsentation ist nicht mehr so reißerisch, wie es die Festivals und Events in Dirt 3 noch zur Folge hatten. Wer von der aufgezwungenen “Coolness” also nie sonderlich angetan war, wird sich über diese geradlinige Inszenierung freuen. Hier steht nicht die Show, sondern vielmehr das Geschehen auf der Strecke im Fokus.
Spaßige Karriere mit Team-Zusammenstellung
Was Dirt 4 aber wieder aufleben lässt, ist ein Karriere-Modus. Hier dreht sich alles darum, ein Team aus Technikern, Chefingenieur, Beifahrer und PR-Agent zusammenzustellen. Zwar können Spieler auch ihr eigenes Ding machen, doch ist es oftmals rentabler und einfacher, ein fähiges Team im Rücken zu haben. Auch lautet das Ziel, stets auf der Suche nach neuen Sponsoren zu sein. Je bessere Teammitglieder wir engagieren, desto mehr wird natürlich auch von unserem eigenen Anteil an Gewinnergeld angeknüpft. Ein guter Sponsor zahlt sich also aus.
Neben der Suche nach neuen Mitarbeitern steht auch der Kauf von neuen Autos ganz oben auf der Liste. Auch Upgrades aller Art stehen an. Je mehr Geld wir in die Forschung und Entwicklung stecken, desto bessere Teile stehen letzten Endes bereit. Dafür kommen Einrichtungen ins Spiel, die durch Investitionen aufgestuft werden. Jede Anlage verschafft uns gewisse Vorteile, sodass es sich lohnt, das verdiente Geld in die Einrichtungen zu stecken. Wer es jetzt noch schafft, die Moral seiner Teamkollegen mit guten Leistungen aufrecht zu erhalten, blickt einer erfolgreichen Karriere entgegen.
Der Karriere-Modus wartet mit etlichen Rennevents und einem spaßigen Fortschrittssystem auf seine Spieler. Sämtliche Menüs zur Aufrüstung, Sponsorenwahl und Teammitglieder-Rekrutierung sind erstaunlich einfach zu nutzen, was die Karriere zur wirklich runden Sache macht. Ich bin für gewöhnlich immer skeptisch, was Karrieremodi in Rennspielen angeht. Dirt 4 beweist allerdings, dass das Konzept sehr gut aufgehen kann.
Tolle Modi-Auswahl
Ein großer Teil der Rennen besteht aus Rally-Events, bei denen wir möglichst schnell von A nach B auf einer engen, zumeist kurvenreichen Strecke kommen müssen. Dabei sind Spieler alleine auf dem Asphalt bzw. Dreck unterwegs, doch müssen wir die Zeiten von KI-Fahrern schlagen. Dieser Modus hat mir bereits in Dirt Rally am besten gefallen und sorgt auch hier für die spannendsten Events. In Rallycross dreht sich ebenfalls alles um die beste Zeit, doch sind wir hier auf einer Rundstrecke unterwegs und fahren in mehreren Etappen gegen andere Mitstreiter um die schnellste Gesamtzeit.
Landrush bietet klassische Rennen auf Rundkursen, allerdings sind Spieler hier entweder mit Buggys, Cross Karts oder Stadion-Trucks auf besonders schlammigen Strecken unterwegs. In der Theorie klingt das nach einer Menge Spaß und ich habe hier durchaus unterhaltsame Runden erlebt. Doch sind die Buggys dermaßen leicht, dass sie sich bei leichter Kollision gerne einmal überschlagen. Es passierte mir jedenfalls sehr häufig, dass ich in der letzten Runde leicht von einem Mitfahrer gerammt wurde, mich überschlagen habe und dadurch von meinen Siegesambitionen verabschieden konnte. Da diese Ereignisse schlichtweg nur mit Pech zu tun haben, verspürte ich in Landrush das ein oder andere Mal Frust – hier hätte ich mich dann doch über die Rückblenden gefreut. Auch die Cross Karts sind sehr schwer auf der Ideallinie zu halten. Aus diesem Grund hatte ich in gewöhnlichen Rally-Events den meisten Spaß.
Beeindruckende Strecken-Generierung
Außerhalb der Karriere verfügt Dirt 4 über weiteren Inhalt. Während in der Karriere vorgefertigte Events befahren werden, sind in “Your Stage” noch etliche weitere Streckenvariationen möglich. Das Spiel bietet für Rally Schauplätze in Australien, Spanien, Schweden, USA und Wales, für Landrush die Orte Mexiko und USA sowie England, Frankreich, Norwegen, Portugal und Schweden für Rallycross. Im “Freien Spiel” wird der Ort ausgewählt, zudem werden einige Einstellungen über Streckenkomplexität und -länge, aber auch Wetter und Tageszeit getroffen – und schon wird eine Route generiert.
Die Resultate lassen sich sehen und so macht es Spaß, die zahlreichen Strecken zu befahren. Zwar können beim Fahren hin und wieder regelrechte Streckenbausteine erkannt werden, die in den generierten Strecken gehäuft vorkommen. Dafür aber erhält Dirt 4 das Gefühl aufrecht, stets etwas neues zu entdecken. Es macht jedenfalls großen Spaß, dutzende Routen zu befahren, die ich noch nie erlebt habe. Da nehme ich auch gerne in Kauf, dass die ein oder andere Strecke mit ihrer Gestaltung dann einmal nicht auf voller Linie überzeugen kann.
Als zusätzliche Tätigkeit gibt es die Dirt-Akademie. Hier können Spieler die Grundlagen und insbesondere fortgeschrittene Techniken lernen. Auch Modifikationen am Auto lassen sich hier am besten ausprobieren. Den Abschluss macht “Spritztour”. Hier stehen “Time-Attack”- und “Smash Attack”-Herausforderungen zur Verfügung. Bei ersteren fahren Spieler durch komplexe Strecken auf Zeit und können kleine Zeitorbs einsammeln, die pro Orb eine Sekunde vom Timer abziehen. Allerdings gibt es auch kleine Symbole mit gegenteiligem Effekt, die jeweils eine Sekunde auf die Gesamtzeit addieren. Ein Medalliensystem belohnt möglichst schnelle Zeiten. In Smash Attack warten gelbe Tafeln darauf, vom Spieler zerstört zu werden. In vorgegebener Zeit müssen wir daher durch möglichst viele Tafeln durchfahren, um auch hier im besten Fall eine Gold-Medaille einzuheimsen. Dadurch ergeben sich unterm Strich abwechslungsreiche Modi, die mit wirklich viel Inhalt für sich werben.
Online-Herausforderungen als treibender Motivationsfaktor
Zusätzlich kommt die Online-Komponente ins Spiel. Hier stechen vor allem die Community-Herausforderungen heraus. Spieler auf der ganzen Welt erstellen Events mit verschiedenen Fahrzeugen, Fahrzeugklassen und Orten. Für eine limitierte Zeit versuchen Online-Spieler nun, die beste Zeit für ein Event aufzustellen. Jeder Fahrer hat nur einen Versuch pro Event, was die Rennen wahrlich spannend gestaltet. Zudem können Spieler ganz gewöhnliche Events mit anderen Online-Spielern veranstalten.
Hübscher Schlamm und röhrende Motoren
Grafisch hat mich Dirt 4 ein wenig enttäuscht. Das liegt aber nicht daran, dass das Spiel hässlich ist. Im Gegenteil: Es ist ein optisch wirklich ansprechendes Rennspiel. Allerdings bin ich der Auffassung, dass das Mitte letzten Jahres veröffentlichte Dirt Rally noch einen Tick besser aussah, allen voran detaillierte Strecken bot. Dirt 4 macht gelegentlich mit verpixelten Schatten und einer nicht gerade einwandfreien Anti-Aliasing-Methode negativ auf sich aufmerksam.
Dennoch zeigt sich Teil 4 immer wieder von einer ansehnlichen Seite. Die Vehikel-Modelle glänzen mit vielen Details. Der Schlamm spritzt beim Fahren, die Sonne sorgt für eine tolle Beleuchtung. Mit bis zu 7 anderen Fahrern auf der Strecke und einer weitestgehend konstanten Framerate von 60 FPS zählt Dirt 4 definitiv zu den optisch besseren Racern, die die PS4 zu bieten hat. Auf der PS4 Pro gibt es weiterhin eine Reihe von Zusatzeffekten, die die Grafik noch besser in Szene setzen. Allen voran der dichte Wald in Wales ist immer wieder ein grafisches Spektakel! Auch akustisch weiß sich der Titel gut zu präsentieren. Die Motorengeräusche klingen wuchtig und realistisch, dazu gibt es einen abwechslungsreichen, unaufdringlichen Soundtrack in den Menüs.