Releasetermin: 04.10.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-RPG
Entwickler: Capcom
Herausgeber: Capcom
Schon zum PS3-Release spielte ich das Action RPG Dragon’s Dogma – zeitbedingt aber weniger, als ich eigentlich wollte. Da viele Aspekte des Spiels aber einen guten Eindruck bei mir hinterlassen hatten, freute ich mich Anfang letzten Jahres über die Wiederveröffentlichung auf PC als Gesamtpaket samt DLC. Hier fiel mein Abenteuer als der „Erweckte“ ausführlicher aus, ich habe viele Stunden an der Seite meiner Vasallen gekämpft. Daher kann ich bereits so viel verraten, dass der Titel mittlerweile zu meinen Lieblingen des Genres gehört. Nun habe ich das RPG zum PS4-Release gar zum dritten Mal neu begonnen und bin nach wie vor begeistert, auch wenn der Titel in mancher Hinsicht sein Alter zeigt. Wie Dragon’s Dogma Dark Arisen heutzutage auf der PS4 abschneidet, erfahrt ihr in meinem Test.
Her mit dem Herzen!
Wie für ein gescheites RPG üblich, bietet Dragon’s Dogma einen umfangreichen Charakter-Editor mit dem der Held des Spiels erstellt wird. In der kleinen Küstenstadt von Kassardis machen wir unsere ersten Schritte, doch reichen diese nicht weit. Ein riesiger Drache erscheint und lässt uns im Kampf keine Chance. Nachdem das Wesen in mystischer Sprache auf uns einspricht, reißt es uns schonungslos das Herz aus der Brust. Doch wir wären nicht der “Erweckte”, wenn wir diesen Angriff entgegen sämtlicher Logik auch ohne Herz überleben. Da der Drache weiterhin über das Land von Gransys wütet, wird unser Held als der Auserkorene angesehen, der den Dämon zur Strecke bringen kann.
So absurd die Prämisse auch ist, die den Protagonisten quer durch die Spielwelt schickt – die Erzählung von Dragon’s Dogma hat durchaus ihren Charme. Selbst für das Fantasy-Genre ist die Geschichte abgefahren und auch jede Menge kitschiger Figuren hat das Spiel auf Lager. Mit mehreren liebenswürdigen Charakteren gibt es aber auch ausreichend Gesprächspartner, die nicht ganz so bekloppt daherkommen. Auch wenn die Handlung verrückt ist, hat sie mich unter anderem durch ihre pompöse Inszenierung gut unterhalten.
Konzept um Vasallen als innovative Stärke
Und bei solch einer merkwürdigen Geschichte wundert auch niemanden mehr das groteske Konzept der Vasallen. Die Begleiter, die wir aus einer Art Geisteswelt beschwören können, geben sich bedingungslos dem Erweckten hin, nehmen alle Gefahren auf sich und schrecken auch vor dem Tod nicht zurück. Sie werden zum zentralen Spielaspekt von Dragon’s Dogma, da wir nicht nur eine eigene Hauptfigur kreieren, sondern gar auch einen Hauptvasallen, der uns bis Spielende zur Seite stehen wird. Ebenfalls geht dieser Vasall parallel mit anderen Spielern auf Reise, was eine nette Online-Komponente darstellt. Jeder Spieler kann neben seinem festen Hauptvasallen zwei weitere Charaktere anheuern. Es präsentieren sich zwar auch einige KI-Vasallen als potentielle Begleiter, doch lassen sich online die wirklich interessanten Kämpfer finden.
Über ein Portal (den “Rift-Stein”) können Spieler nach konkreten Bedingungen suchen oder umherwandernde Krieger direkt ansprechen. Wird unser Hauptvasall von einem anderen Spieler “gemietet”, erhalten wir neben Gold auch Erkenntnisse, die der Vasall auf seinem fremden Abenteuer über Quests und neue Gegnerarten gesammelt hat. Besonders dankbare Spieler können den ausgeliehenen Vasall gar mit seltenen Objekten ausstatten, die der zugehörige Erweckte dann als Geschenk erhält. Es lohnt sich also, ausreichend Zeit in die Gestaltung des Vasallen zu stecken und diesen stetig clever aufzustufen, damit möglichst viele Spieler unseren Kumpanen ausleihen.
Das Anheuern ist kostenlos, sofern der Vasall maximal auf dem selben Level wie die Hauptfigur ist. Auch stärkere Begleiter können für besonders knifflige Gegner ausgeliehen werden, allerdings muss der Spieler dafür mit einer digitalen Währung (“Riftsplitter”) bezahlen, die man sich im Laufe des Spielens verdient. Ich finde das Vasallen-System wirklich hervorragend und durchaus innovativ. Ich hatte großen Spaß daran, mich ebenso sehr um meinen Hauptvasallen zu kümmern wie um meinen Protagonisten. Mir hat es gefallen, mich durch die verfügbaren Online-Vasallen zu graben und ein ausgeglichenes Team zusammenzustellen. Man sollte stets darauf achten, dass die Vielfalt der Begleiter nicht zu kurz kommt und die angeheuerten Kämpfer zur eigenen Figur und zum eigenen Vasallen passen. Ich habe viel experimentiert und fand schnell eine Spielweise, die ich mit bestimmten Kämpfertypen effektiv ausführen konnte.
Klassenwechsel als weitere Möglichkeit, seine Figur langfristig zu stärken
Was die Stärken des Vasallen-Systems unterstreicht, ist das gelungene Konzept um Klassen. Jede Figur beginnt mit einer von drei Startklassen. Besiegte Feinde werden unter anderem mit „Disziplinpunkten“ belohnt, die wiederum für klassenspezifische Fähigkeiten ausgegeben werden. Ebenso lässt sich schon früh im Spiel die Klasse gegen jene DP wechseln. Mit einer Reihe von weiteren Kombinations- und fortgeschrittenen Klassen wird hier wirklich jeder Spielstil abgedeckt, den man von einem RPG erwarten kann.
Da manche Fertigkeiten beim Klassenwechsel erhalten bleiben, lohnt es sich aber durchaus, erst einmal die stärksten Skills einer Klasse freizuschalten, bevor man einen Wechsel vollzieht. Auch kommt jede Klasse mit eigenen Vor- und Nachteilen daher, sodass es keine vermeintlich “beste” Klasse gibt, zu der man möglichst schnell wechseln sollte. Noch dazu erfordert jede Klasse spezifische Ausrüstung. Man sollte den Wechsel also nicht überstürzen und im besten Falle gut vorbereiten. Das System bietet zahlreiche aktive und passive Fähigkeiten und somit etliche Möglichkeiten, seine Figur zu formen. Auch die Vasallen können die Klasse wechseln, doch leider haben sie keinen Zugriff auf die Mischklassen.
So habe ich dich aber nicht erzogen!
Dafür können wir das Verhalten unseres Hauptvasallen ändern. Zu Beginn des Spiels legen wir das Basistemperament des Begleiters fest, das auch nicht mehr modifiziert werden kann. Das Kampfverhalten kann hingegen angepasst werden. Zum einen hat der Erweckte die Möglichkeit, die Eigenschaften seines Dieners im Gespräch mit Hilfe von Verhaltensfragen zu bestimmen. Zum anderen können gefundene und zum Verkauf stehende Elixiere das Verhaltensmuster des Vasalls ändern. Auf diese Weise können wir beeinflussen, welche Strategien unser Freund im Kampf, angepasst an seine aktuelle Klasse, anwenden soll.
Allerdings hat der Vasall auch seinen eigenen Kopf und passt sein Verhalten wiederum allmählich an das Geschehen an. Die KI wertet unsere Spielweise aus und nimmt gegebenenfalls Änderungen am Verhaltensmuster des Vasalls vor. Das kann nützlich sein, aber auch dazu führen, dass der Vasall nach und nach genau das Gegenteil von dem tut, was wir eigentlich von ihm fordern. Es ist daher zu empfehlen, sich kontinuierlich mit dem Verhalten des treuen Begleiters zu beschäftigen.
Toller Ausblick von hier oben… auf dem Kopf Hydra
Auch das unterhaltsame Kampfsystem trägt dazu bei, dass Dragon’s Dogma für mich ein Highlight des Genres ist. Die Kämpfe finden in Echtzeit statt und erhalten dank der Teamkonstellationen eine tolle Dynamik. Wir haben eine Reihe von Standard-Angriffen zur Verfügung, die durch aktive Fähigkeiten erweitert werden und je nach Stärke des Manövers Ausdauer aufbrauchen können. Das Geschehen ist an für sich simpel gehalten, aber sehr schön inszeniert. Ich habe bei meinem PS4-Durchgang mit einem Erzmagier gespielt, der schon recht früh wirklich ansehnliche Elementar-Zaubersprüche anwenden kann. Auch der Schwertkampf fällt befriedigend aus und hat ebenfalls viele epische Manöver auf Lager. Den Gefechten tut gut, dass es viele knifflige Gegner gibt, die trotz der simplen Aktionen für eine Herausforderung sorgen. Eine gute Zusammenstellung der Vasallen ist hier wahrlich das A und O. Auch in der Nacht nimmt der Schwierigkeitsgrad zu, weshalb man sich für nächtliche Ausflüge umso besser vorbereiten sollte.
So richtig trumpft das Kampfsystem aber erst bei den Bosskämpfen auf, die sich glücklicherweise recht häufig ereignen. Diese Gegner sind zumeist recht groß, wodurch eine weitere Mechanik zum Einsatz kommt. Wir können uns an diesen Bossgegnern festklammern und hochklettern. Dadurch können wir gezielt auf bestimmte Körperteile gehen und deutlich höheren Schaden anrichten. Das ist ebenfalls toll inszeniert und resultiert in vielen epischen Gefechten.
Eigenheiten im Schnellreise- und Ausdauersystem, die mich anfangs stark gestört haben
Dragon’s Dogma Dark Arisen hat allerdings auch einige Elemente, die den Eindruck nach unten ziehen. Da wäre allen voran das Schnellreise-System, das die Gemüter spaltet. Die Spielwelt von Gransys fällt recht groß aus – doch das Spiel hat ein wahrlich eigensinniges Prinzip zur Schnellreise. Dieses ist insbesondere zu Beginn nicht gerade gnädig zu seinen Spielern. Es gibt drei feste Reiseziele, zu denen man sich hin teleportieren kann. Dafür werden allerdings Reisesteine benötigt, über die man erst nach einigen Stunden stolpert und die man kaufen muss.
Erst wenn man den “Ewigen Reisestein” erlangt hat und somit unbegrenzt zwischen den Punkten hin und her springen kann, wird die Schnellreise zum nützlichen Element. Allerdings sind drei fixe Reisepunkte für solch eine große Spielwelt nicht gerade viel. Daher sind in Gransys einige Portkristalle versteckt, die ein neues Reiseziel kreieren können. Diese sollten an wichtige Stellen platziert werden, da wirklich nur eine Handvoll dieser Kristalle zur Verfügung stehen. Immerhin lassen sich schlecht platzierte Kristalle aufheben und neu positionieren.
Nach einer Weile habe ich mich an dieses System gewöhnt und finde es in seinen Grundzügen eigentlich auch recht clever. In den ersten Stunden aber habe ich es noch verflucht, für dutzende Quests schier einen Marathon quer durch die Spielwelt laufen zu müssen. Hier kommt ein weiterer kleiner Kritikpunkt zum Tragen. Während der Reise lassen die Vasallen jede Menge Sprüche von sich. Oftmals geben sie sogar wertvolle Tipps ab. Nach einer Stunde hat man allerdings alle Kommentare gehört und muss die sich ständig wiederholenden Sprüche ertragen. Alternativ kann man die Vasallen-Kommentare zwar ganz ausschalten, doch will ich ja eigentlich nicht auf die wichtigen Hinweise verzichten, die ein Begleiter dann doch hin und wieder äußert.
Als dritten Punkt möchte ich die Ausdauerbegrenzung in Verbindung mit dem Gewichtslimit nennen. Jede Figur kann nur ein bestimmtes Gewicht mit sich tragen, das recht schnell erschöpft ist. Mit seiner Betonung auf Crafting und Waffen-/Rüstungsverbesserung durch gefundene Materialien füllt sich das Inventar schnell. Zwar können alle Objekte gelagert werden, man möchte aber nicht jede Stunde in eine Stadt reisen und die Gegenstände einlagern. Als Magier hatte ich ohnehin schon eine niedrige Ausdauerleiste, die mit meinem sich füllenden Inventar immer kleiner wurde. Phasenweise konnte ich also nur wenige Sekunden rennen, bevor ich wieder mehrere Sekunden warten musste, bis sich die Ausdauerleiste wieder füllte. Das ist einmal mehr zu Beginn nicht gerade ein hilfreicher Aspekt. Man läuft mit stark begrenzten Schnellreiseoptionen viele Stunden in der Spielwelt herum, wird permanent von seinen Vasallen mit den immer gleichen Sprüchen vollgelabert und muss seinen Sprint immer wieder unterbrechen.
Das sind Elemente, die mir auf der PC-Version den Einstieg wahrlich erschwert und mich auch bei Spielstart der PS4-Version wieder gestört haben. Mit steigender Spielzeit rücken diese Punkte immer mehr in den Hintergrund. Man lernt nicht nur von den Portkristallen als zusätzliche Reiseziele, sondern kann auch eine Fertigkeit freischalten, die die Gewichtsleiste vergrößert. Außerdem kann man sämtliche Objekte der Hauptfigur ins Inventar des Hauptvasalls schieben bzw. die Ausstattung besser aufteilen – das muss man aber eben auch erstmal für sich entdecken. Es sind also Eigenheiten von Dragon’s Dogma, die nach einiger Zeit nicht mehr so sehr ins Gewicht fallen, aber nun einmal den Einstieg unnötig schwer gestalten.
Dank Dark Arisen und weiterem DLC ein gewaltiges Gesamtpaket
Die PS4-Version basiert auf der PC-Fassung, die mit dem “Dark Arisen”-DLC im Gepäck als die ultimative Version des Spiels gilt. Der wohl größte Zusatz stellt die Insel Finstergram dar. Dieses neue Areal präsentiert lediglich einen Dungeon, doch ist dieser auf so viele Etagen aufgeteilt, dass Spieler hier dennoch viele Stunden verbringen werden. Besonders die Bossfeinde stellen hier eine große Herausforderung dar, sodass die Insel erst im späteren Spielverlauf besucht werden sollte. Neben dem neuen Gebiet gibt es viele neue Feindarten, Quests, Waffen, Rüstungsstücke und Fähigkeiten. Auch wurden gegenüber des ursprünglichen Basisspiel für PS3 und Xbox 360 diverse Änderungen vorgenommen, die das Spielerlebnis für den Spieler verbessern sollen. So wurde zum Beispiel auch das Reisesystem überarbeitet – ja, es war in der Ursprungsfassung noch um einiges erbarmungsloser.
Solider Port – kaum aber mehr ein Hingucker
Die PC-Version brachte außerdem eine grafische Überarbeitung mit sich, von der auch die PS4 profitiert. Im Vergleich zum Geschehen auf der PS3 ist das Spiel um einiges hübscher. Viele Effekte im Kampf sind ansehnlich präsentiert und auch viele Gegnergestaltungen können überzeugen. Gemessen am heutigen Stand der Technik ist die Grafik von Dragon’s Dogma Dark Arisen allerdings über weite Strecken nicht gerade imponierend. Viele matschige Texturen und öde gestalteten Umgebungen können das Alter des Titels nicht verstecken. Außerdem bin ich kein großer Fan der äußerst braunen Farbgebung des Spiels. Versteht mich nicht falsch, die Optik von Dragon’s Dogma hat viele atmosphärischen Momente zur Folge. Dennoch hätte ich mich über etwas mehr Farbe in den Arealen gefreut.
Auf der PS4 Pro wird das Spiel in höherer Auflösung gerendert. Das führt zu einer recht klaren Bildqualität, die durchaus einen großen Kontrast zur PS3-Fassung darstellt. Ich bin allerdings etwas enttäuscht, dass der Titel auch auf der PS4 Pro nur mit 30 FPS läuft. Auf dem PC erreichte man auch mit Mittelklasse-Hardware eine tolle Performance, sodass ich zumindest auf einen 1080p / 60FPS Modus für die Pro gehofft habe. Zu allem Überfluss kann Dark Arisen seine 30-FPS-Marke nicht immer halten. Bei effektreichen Kämpfen geht die Bildrate durchaus häufig in die Knie. Die technische Umsetzung ist unterm Strich solide, doch hatte ich mir von der Aufarbeitung eines fünf Jahre alten Last-Gen-Spiels etwas mehr versprochen.