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Here They Lie (PSVR) im Test

Releasetermin: 13.10.2016

Medientyp: Download (ab 02.11 auch auf Blu-ray Disk)
Genre: Horror-Adventure
Entwickler: Tangentlemen
Herausgeber: Sony Interactive Entertainment

 

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Das Horror-Genre eignet sich toll für Virtual Reality. Denn kaum eine Spiel-Gattung profitiert mehr vom verstärkten Präsenz-Gefühl. Daher habe ich mich darüber gefreut, im PSVR-Launch-Lineup einen Horror-Titel entdeckt zu haben. Here They Lie versucht, den Spieler mit surrealem Horror zu gruseln. Geht die Rechnung auf?

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Der verwirrende Auftakt von Here They Lie gibt die Richtung vor, die das Spiel auch für den restlichen Durchgang einschlägt. Wir stehen vor den Türen einer U-Bahn, wo uns eine Frau begrüßt und schnell auch wieder verschwindet. Wir betreten die Bahn und durchschreiten Abteil für Abteil, während seltsame Wesen und Halluzinationen zu sehen sind. Hier beginnt das surreale Abenteuer, das uns in eine schmuddelige Stadt entführt, in dem Menschenartige Figuren mit Tiermasken und Geweihen auf uns lauern. Sich verformende Objekte und Areale sind hier ebenso an der Tagesordnung wie traumartige Sequenzen und Flashbacks, die Licht ins Dunkle über die Suche nach der Frau in Gelb bringen sollen.

Der Titel ist mit seinen Erklärungen aber so mysteriös, dass ich über weite Teile nur Bahnhof verstanden habe und auch jetzt nicht ganz sicher bin, was ich da eigentlich erlebt habe. Mit gefundenen Notizen und Audio-Aufzeichnungen werden neue Details verraten, doch ist das Gesamtkonstrukt derart konfus inszeniert, dass ich aus der Handlung wirklich nicht viel mitgenommen habe. Die surrealen Albtraum-Sequenzen mögen zwar eine ganz besondere Atmosphäre vermitteln, doch misslingt es ihnen, eine wirklich packende Story zu erzählen. Eine Art Moral-System liegt vor, das uns hin und wieder vor zwei Optionen stellt – ohne zu wissen, welche Variante die moralisch “richtige” und welche die “falsche” ist. Dieses Konzept ist gut gemeint, hilft letzten Endes aber auch nur wenig dabei, eine befriedigende Geschichte zu präsentieren.

Das Geschehen erinnert mich an das Genre der “Walking Simulator”, das in den letzten Jahren recht populär wurde. Wir können zwar viele Türen öffnen und hin und wieder mit Objekten interagieren. Im Grunde genommen laufen wir aber hauptsächlich durch schlauchartige Korridore, während Dinge um uns herum geschehen, ohne dass wir einen direkten Anteil an den Vorgängen haben. Das muss vor allem bei Horror-Spielen in VR jedoch gar keine so schlechte Sache sein. Denn sind beunruhigende Darstellungen effektiver denn je, wenn sie quasi direkt vor unseren Augen geschehen. Das trifft auch auf Here They Lie zu. Ich habe stets klatschnasse Hände bekommen, wenn eine bizarr aussehende Gestalt in meiner Reichweite auftauchte. Die seltsamen Wesen sind eine Stärke des Abenteuers, denn wirken manche Exemplare scheusslich grotesk im positiven Sinne. Here They Lie geht weg vom klassischen “Monster”-Design und punktet stattdessen mit verunstalteten, humanoid wirkenden Kreaturen.

Schade nur, dass die KI der Feinde nicht mit dem Design mithalten kann. In einem rudimentären Stealth-System können wir uns an den Wesen vorbeimogeln, selbst wenn sie uns vermeintlich direkt ansehen. Das Spiel hat aber durchaus gute Grusel-Momente, in denen der psychologische Horror auftrumpft. So spielt der Titel seine Karten aus, wenn einmal Minutenlang “nichts” passiert. Wir rechnen stets mit dem Schlimmsten, was eine ungemütliche Anspannung aufbaut und zur erstaunlich unheimlichen Stimmung führt. Doch verfällt der Titel leider auch allzu oft in den Jump Scare-Wahn, der uns auf billige Weise zum Erschrecken führt. Nach einer Weile nutzt sich dieser Effekt ab und nervt stattdessen eher. Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass Virtual Reality sämtliche Eindrücke intensiviert – weshalb Here They Lie phasenweise ein wirklich gruseliges Werk ist.

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Darf ich mich zum Glück zu den Spielern zählen, die kaum Probleme mit Motion Sickness haben, sind eine Menge PSVR-Käufer von diesem Phänomen betroffen. Diese Gruppe an Spielern wird es ärgern, dass Here They Lie einmal mehr ein Titel ist, der in dieser Hinsicht für Schwierigkeiten sorgen könnte. Denn sind wir zu Fuß unterwegs und haben volle Kontrolle über die Fortbewegung der Figur und die Kamera. Als Lösungsversuch der Sickness-Prtoblematik nutzen wir unsere Blickrichtung zur Kamerakontrolle, doch funktioniert dies auch nicht einwandfrei. In einem alternativen “VR-Modus” kann der rechte Stick dazu genutzt, schnell per “Blinzelmechanik” in eine Richtung zu wechseln. Nach Stickbewegung wird der Bildschirm kurz schwarz, wonach wir uns in die ausgewählte Richtung gedreht wiederfinden.

Diese Option mag zwar helfen, vor Übelkeit und Kopfschmerzen zu schützen. Doch werde ich persönlich mich nie daran gewöhnen, eine solch merkwürdige Steuerung über einen längeren Zeitraum zu nutzen. Obwohl die Entwickler von Tangentlemen also für eine Alternative zu sorgen versucht haben, bleibt das Thema Fortbewegung brenzlig. Es ist allerdings schön zu sehen, dass das Spiel nach jedem abgeschlossenen Kapitel den Hinweis gibt, eine kurze Pause vom intensiven VR-Geschehen zu machen.

Die Grafik ist ein umstrittenes Thema in der virtuellen Realität. Während manche Spieler der Meinung sind, dass die PS4-Hardware in VR nicht mehr hergibt als PS2-Optik, haben so manche Spiele bereits bewiesen, dass wir über das Headset auch wirklich hübsche Titel mit gelungener Bildqualität erleben können. Leider gehört Here They Lie nicht zu dieser Kategorie von Umsetzung. Man hat sich für einen ungewöhnlichen Grafik-Stil entschieden, um grafische Defizite zu verschleiern. Doch geht dieses Vorhaben nach hinten los. Spielt die karge Farbgebung gelegentlich gut den surrealen Darstellungen in die Karten, präsentiert sich das Spiel über weite Teile einfach nur hässlich. Die tristen Farbtöne führen dazu, dass wir kaum visuelle Höhepunkte zu sehen bekommen. Und auch Aliasing wird zum Problem, denn sind jede Menge schimmernder Kanten zu sehen, die uns die niedrige Auflösung unter die Nase reiben. Here They Lie hat optisch seine guten Momente, doch ist es hauptsächlich kein schönes Spiel.

Besser gelungen hingegen ist der Sound-Aspekt. Sony und Tangentlemen haben dem Horror-Trip eine erstaunlich solide deutsche Vertonung verpasst. Die wenigen Figuren, die storyrelevant sind, sowie die Audio-Tapes machen einen passablen Eindruck. Auch das Sounddesign präsentiert sich gelungen. Die Eigenschaften von 3D-Audio über Stereo-Kopfhörer werden ausgenutzt. So hören wir in der Ferne und in der Nähe hin und wieder Geräusche, die zur Stimmung beitragen. Wenn ich ein Telefon aus einer dunklen Gasse klingeln hörte, sträubte sich mein Körper davor, dem Ertönen nachzugehen. Mit solch simplen Effekten kann man allen voran in VR eine tolle Auswirkung erreichen.

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Fazit

In rund drei Stunden ist der Spuk vorbei und wusste ich nach Vollendung nicht so recht, was ich vom Erlebten halten sollte. Die Erzählung ist wahnsinnig konfus und konnte mich dadurch nur selten unterhalten. In einer Art Walking Simulator durchstreifen wir einen surrealen Schauplatz, in dem es vor schrägen Kreaturen nur so wimmelt. Obwohl Here They Lie gelegentlich zu sehr auf Jump Scares setzt, hat der Titel so einige wirklich unheimliche Situationen zur Folge. Ich muss aber zugegeben: In vielen Fällen war der VR-Aspekt am Erschrecken schuld. Auf einem regulären TV wäre das Geschehen nicht sonderlich unheimlich. Dazu kommt, dass der Titel mit seinem Fortbewegungssystem nicht von jedem Spieler komfortabel gespielt werden kann.

Unterm Strich bleibt also ein Horror-Erlebnis, dessen wenige guten Momente nicht ausreichen. Über weite Teile schafft es der Titel nicht, den Spielern einen denkwürdigen Gruselfaktor zu geben. Eine viel zu wirre Story, schlechte Grafik und Komfortprobleme tragen dazu bei, dass Here They Lie seine Chance verpasst, zum PSVR-Launch als Horror-Empfehlung aufzutrumpfen. Doch: In der virtuellen Realität gehen jegliche Grusel-Bemühungen viel intensiver auf, weshalb Here They Lie trotzdem hin und wieder für schweißnasse Hände gesorgt hat. Wer es als Horror-Fan besonders eilig hat, einen Titel des Genres in VR zu erleben, kann zumindest einmal die Demo ausprobieren.

Dominik
Dominik
Hey Leute, ich bin der Dominik und leidenschaftlicher Zocker. Egal ob PC, Konsole, Handhelds oder VR, solo oder multiplayer - ich interessiere mich für die volle Bandbreite, die die Gaming-Welt zu bieten hat. Lieblingsgenres habe ich dennoch: Rennspiele, Action/Adventures, JRPGs und Visual Novels.
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