Releasedatum: 13.10.2023
Medientyp: Blu-ray, Download
Genre: Open World, Rollenspiel, Souls-Like
Entwickler: HEXWORKS
Herausgeber: CI Games
Erst Wo Long: Fallen Destiny, dann Lies of P und nun Lords of the Fallen – Fans von “Souls-Like”-Spielen haben aktuell eine große Auswahl an neuen Titeln zur Verfügung, die ein Spielgefühl bieten sollen, welches sonst nur die Abenteuer vom japanischen Entwickler From Software vermitteln. Die Mischung aus knallharten Kämpfen, spektakulären Bossbegegnungen, mysteriösen Geschichten, zur Erkundung einladenden Spielwelten und vielfältigen Charakter-Build-Möglichkeiten beherrscht der Souls-Entwickler bestens. Dennoch versuchen sich immer wieder auch andere Studios daran, ein gutes Spiel mit derselben Formel abzuliefern. Mit Lords of the Fallen wagt Publisher CI Games nun bereits einen zweiten Versuch. In 2014 erschien ein Titel mit diesem Namen vom deutschen Entwickler Deck 13, konnte Kritiker und Souls-Fans jedoch nur bedingt überzeugen. Nun ist das gleichnamige Lords of the Fallen von Entwickler Hexworks erhältlich, das erneut Souls-Like-Fans in seinen Bann ziehen möchte. Ob der erneute Versuch aufgeht, verrate ich euch in meinem Review.
Was mir an Lords of the Fallen richtig gut gefallen hat
Fangen wir mit dem Aspekt an, der mir an Lords of the Fallen am besten gefallen hat. Die Spielwelt ist erstklassig gestaltet und besticht mit einem hervorragenden Level-Design. Die einzelnen Areale sind nahtlos miteinander verknüpft. Beim Spielen kommt es immer wieder zum “Aha”-Moment, wenn durch das Heruntertreten einer Leiter oder Öffnen einer Tür mit einem neu erworbenen Schlüssel ein altbekanntes Gebiet betreten wird. Die Areale sind stark miteinander verzahnt, was ich in dieser Qualität nur von den Dark Souls-Spielen kenne. Lords of the Fallen ist ein umfangreiches Spiel mit zahlreichen Gebieten. Die Erkundung lohnt sich, denn der Titel bietet einige Areale samt Bosskampf, die vollkommen optional sind und viele Spieler nicht zu Gesicht bekommen. Wer sich Zeit lässt, wird mit einem Durchgang mindestens 30-40 Stunden beschäftigt sein und dann vermutlich noch lange nicht alles erlebt haben.
Neben dem tollen Level-Design haben auch die Art-Designer einen fantastischen Job verrichtet. Lords of the Fallen hat einen düsteren Stil und nutzt christliche Symbolik, um für eine stimmige Atmosphäre zu sorgen. Dies zeichnet sich sowohl in der Gestaltung der Umgebungen als auch der Figuren ab. Ich habe auf einem PC mit einer RTX 4090, 32 GB RAM und 7800X3D gespielt und konnte eine tolle Grafik bewundern. Als Unreal Engine 5-Titel verfügt Lords of the Fallen über knackig scharfe Texturen, detaillierte Kampfeffekte und eine auffällig gute Beleuchtung. Ebenfalls hat sich positiv bemerkbar gemacht, dass Texturen nur selten nachladen. Das lästige Pop-In, das mich in so vielen Spielen stört, ist hier kaum gegeben. Weiterhin verfügt das Spiel über sehr kurze Ladezeiten beim Schnellreisen und nach dem Ableben. Zumindest auf High-End-PCs bietet das Spiel somit ein technisch beeindruckendes Bild. Berichten zufolge sieht es auf Konsolen und Low- bis Mid-End-PCs anders aus, die von Performance-Problemen geplagt sein sollen. Dies kann ich im Rahmen meines Tests leider nicht beurteilen. Es bleibt zu hoffen, dass sämtliche Probleme in den kommenden Wochen per Patches ausgemerzt werden.
Die düstere Aufmachung ist nicht nur in der Grafik erfolgreich umgesetzt, sondern zieht sich auch durch die mysteriöse Handlung des Spiels. Es geht um einen Dunklen Kreuzritter, der durch die Reiche der Lebenden und der Toten zieht. Es geht um den Dämonengott Adyr und seine Wiederauferstehung. Licht und Dunkelheit, Versprechungen und Intrigen sind zentrale Aspekte der Story. Wem vertrauen, wen hintergehen? Ganz nach dem Souls-Vorbild müssen Spieler hier genau hinhören und jeden Fetzen Lore aufsaugen, um sich die Geschehnisse zusammenzureimen. Mir hat das englische Voiceover der Figuren gefallen, die ihre Rollen tragisch bis hin zu manisch toll gespielt haben. Insgesamt ergibt sich eine interessante Geschichte und ein tolles „World Building“.
Die Fortbewegung der gespielten Figur ist sehr flink und agil gestaltet. Der Charakter steuert sich wesentlich schneller und macht weitere Rollen und Sprünge, als es in den Souls-Spielen der Fall ist. Dies hat mir sehr gut gefallen. Wenn man sich geschickt anstellt und den unterwegs angelockten Feinden ausweicht, lässt sich ein Level recht schnell durchqueren. Das ist praktisch, wenn man mitten in einem Areal stirbt und möglichst schnell die verlorene Kraft, üblicherweise als Seelen bekannt, wiedererlangen möchte. Typisch Souls-Like bleibt die Kraft nach einem Tod nämlich am Ort des Ablebens bestehen, ist jedoch für immer verloren, sofern man erneut stirbt, bevor man die vorherige Blutlache erreichen kann.
Beim Blocken und in geringfügiger Menge auch beim Parieren erleiden wir „Schwächungsschaden“, der sich wiederherstellt, sofern wir darauffolgend ungestört einen Gegner treffen. Ein aggressives Vorgehen wird in den Kämpfen begünstigt, was meiner Spielweise entgegen kam. Schilde sind in Lords of the Fallen ebenfalls enthalten. Ich hatte aber mehr Erfolg damit, in beide Hände je eine Waffe zu nehmen oder eine große Waffe beidhändig auszurüsten. Durch flinke und gut getimte Ausweichrollen ist man auch ohne Schild nicht aufgeschmissen. Der schnelle Nahkampf hat mir großen Spaß gemacht. Ebenso hat mir die Betonung auf Fernkampf gefallen. Einige der besten Angriffe des Spiels sind Armbrustschüsse, Wurfgeschosse und Zauber aus der Ferne. Die Abfolge aus schnellen Schlagkombos, einer Ausweichrolle in Sicherheit und abschließender Zauberattacken wurde für mich auch nach vielen Stunden nicht langweilig.
Das Aufstufungssystem von Lords of the Fallen ist recht simpel gehalten. Mit verdienter Kraft lässt sich an jedem Rastplatz das aktuelle Level erhöhen. In diesem Zuge kann ein Attributspunkt in sechs verschiedenen Werten verteilt werden. Die zwei zauberlastigen Attribute Strahlen und Inferno erhöhen nicht nur den jeweiligen Waffen- und Zauberschaden, sondern automatisch die Menge an verfügbarem Mana. Vitalität erhöht die Lebensleiste, Beständigkeit die Ausdauerleiste und beide Werte heben zudem leicht das tragbare Gewicht an. Dieses entscheidet, wie viel Rüstung und Waffen ihr tragen könnt, bevor ihr die berüchtigte “Fat-Roll” ausführt. Dass Mana und Tragegewicht nicht als eigene Werte geführt, sondern in den restlichen bestehenden Attributen untergebracht sind, ist eine sehr angenehme Idee.
Was mir an Lords of the Fallen nur bedingt gefallen hat
Die unterschiedlichen Klassen gefallen mir grundsätzlich gut. Vom Tank über den ausgeglichenen Schwertkämpfer bis zum Pyro- oder Strahlen-Zauberer sind für das Genre gewöhnliche Starterklassen vertreten. Grundsätzlich grenzt die Auswahl der zu Beginn gewählten Klasse die spätere Ausgestaltung der Figur nicht ein. Die Starterklasse verfügt über höhere Basiswerte in bestimmten Attributen und hat geeignete Ausrüstung für die ersten Spielstunden. Wer mit einem speertragenden Mournstead-Infanterie-Charakter nicht zurecht kommt, kann später seine verdiente Kraft in jede beliebige Attributswerte verteilen und so doch eine andere Klasse spielen. In Lords of the Fallen gibt es zudem ein Objekt, mit dem sich sämtliche Werte auf die Basiswerte zurücksetzen lassen, um auch nach vielen Spielstunden eine Neuausrichtung der Figur möglich zu machen. Schade ist nur, dass das erste Item einfach zu erlangen, weitere Exemplare aber sehr selten zu erhalten sind. Dadurch können Spieler schlecht mit den Builds experimentieren und erhalten lediglich eine leicht zugängliche Chance auf einen Neuanfang.
Ebenfalls bin ich nicht begeistert davon, dass die Figuren zumindest im Early- und Mid-Game nicht sonderlich gut ausbalanciert zu sein scheinen. Ich startete als Feuerkultist mit hübschen Feuereffekten. Zunächst gefielen mir die Angriffe per Feuerball und zufällig entflammbaren Gegnern durch Waffenangriffe sehr gut. Nach etwa 12 Stunden aber stieß ich an eine Grenze, denn ich tat mich mit dem nächsten Hauptboss sehr schwer. Brauchbare Inferno-Waffen und -Zauber konnte ich bis dahin nur wenige finden. Das Spiel überhäufte mich hingegen mit “Strahlen”-Items. Um eine neue Erfahrung zu machen, nutzte ich die “Wiedergeburt-Chrysalis”, setze damit meine Werte zurück und levelte den Strahlen-Wert auf, um meine gefundene Strahlen-Ausrüstung nutzen zu können. Mit dem neuen Build ausgestattet, besiegte ich den Boss auf Anhieb und kam deutlich besser voran, als noch mit meinem Inferno-Build. Grundsätzlich bietet jeder Spielstil eine valide Weise, Lords of the Fallen zu spielen. Im Endgame lassen sich für alle Werte mächtige Waffen, Zauber und Ringe finden. Gerade in den ersten Spielstunden hatte ich aber das Gefühl, einen Nachteil zu haben, sofern ich nicht ein Strahlen-Build nutzte. Sehr positiv anzumerken ist hingegen die Ausrüstung, die sich in Lords of the Fallen finden und verdienen lässt. Spieler können aus unzähligen Kleidungsstücken einen individuellen Look schaffen. Fashion Souls wird hier groß geschrieben!
Der Waffenschmied ist an eine Quest gebunden, die gänzlich verpasst werden kann. Wer die verfügbaren Gebiete nicht ausreichend erkundet, lässt sich möglicherweise die Option zum Aufwerten der Nahkampf-, Fernkampfwaffen sowie Zauber-Katalysten entgehen. Nicht ungewöhnlich für das Genre, aber dennoch ärgerlich für all diejenigen, die den Schmied verpassen.
Die Upgrades der Waffen erfordern neben einer kleinen Menge Kraft insbesondere Delarium-Erz in unterschiedlicher Seltenheitsstufe. Die Splitter und Klumpen an Delarium werden von bestimmten Feinden zufällig erlangt und lassen sich zudem als Fundstücke in der Gegend finden. Weniger gefallen hat mir, dass die Preise für das nächste Upgrade einer Waffe nicht angezeigt werden. Man muss sich selbst zusammenreimen, wie viel Kraft und wie viel Delarium für das nächste Upgrade von Nöten ist. Die Kosten lassen sich in verschiedenen Online-Guides nachschauen. Ich finde aber, dass es keinen Grund gibt, warum die nächsten Aufwertungskosten nicht direkt beim Waffenschmied angezeigt werden sollten. Auch wunderte ich mich darüber, dass sich Boss-Waffen nur bis Level 5 aufrüsten lassen, Standard-Waffen hingegen bis Level 10. Im Spiel wird dies nicht erläutert und erst Online konnte ich nachlesen, dass Boss-Waffen in den Upgrades begrenzt sind. Geheimnistuerei schön und gut – einige Spielmechaniken hätten meines Erachtens nach besser erklärt werden können.
Apropos Quests: Lords of the Fallen hat eine Menge optionaler Aufgaben in petto. Diese sind an Charaktere gebunden, die sich in der Spielwelt treffen lassen und tragen durch die geheimnisvollen Ansprachen der NPCs positiv zum World Building hinzu. Die erforderlichen Tätigkeiten sind allerdings so konfus und rätselhaft formuliert, dass ich beim Spielen nur wenige Quests bewusst absolvierte. Häufig schreitete ich durch das Finden bestimmter Objekte nur zufällig voran. Noch häufiger machte ich etwas falsch, was dazu führte, dass Quests komplett scheiterten. Denn nicht nur die richtigen Aufgaben müssen wir erfüllen – auch die richtige Reihenfolge spielt eine Rolle. Ihr besiegt einen Boss und lauft einige Schritte vor, nehmt einen Aufzug, der nun freigelegt wurde? Quest gescheitert! Ihr hättet nach dem Bosskampf umdrehen und eine Menge Backtracking vornehmen müssen, um in einem früheren Level einem Charakter zu begegnen. Das Spiel teilt euch dies nicht einmal ansatzweise deutlich mit. Es gibt Quests, die absichtlich so abwegig gestaltet sind, dass sie fast schon unfair wirken. Ich nehme an, die Entwickler wollten erwirken, dass Spieler auf diese Weise zum New Game+ animiert werden sollten, um ihre Fehler aus dem ersten Durchgang zu korrigieren. Der Titel bietet weiterhin mehrere verschiedene Enden, die ähnlich konfuse Anforderungen haben. Wer Souls-Likes ohnehin mehrmals absolviert oder sich nicht daran stört, nicht alle Quests zu schaffen, wird sich an diesem Aspekt weniger stören. Alle anderen sollten überlegen, schon früh einen spoilerfreien Guide zu nutzen.
Ein wichtiger Aspekt eines jeden Souls-Like-Spiels sind die Bosskämpfe. Lords of the Fallen hat eine Menge epischer Bosse in petto, von denen die meisten für das Weiterkommen in der Spielwelt bezwungen werden müssen. Der Titel bietet allerdings auch eine Handvoll optionaler Bosse, die ihr bezwingen könnt, aber nicht müsst. Die Bosse unterscheiden sich in ihrer Größe, reichen von menschenähnlich bis zu gigantisch großem Monster. Optisch sind die meisten Wesen gelungen, auch wenn viele der Feinde schlichtweg nicht erinnerungswürdig aussehen und ich eine halbe Stunde nach dem Kampf schon nicht mehr wusste, wie der letzte Boss aussah. Grundsätzlich hatte ich mit den Bosskämpfen Spaß. Manche Begegnungen zeichnen sich durch ein Gimmick aus, das es zu ermitteln und anschließend auszunutzen gilt. Andere Bosse sind klassische Skill-Checks, die ein Kennenlernen der Manöver und präzises Ausweichen erfordern.
Der Schwierigkeitsgrad der Bosse ist tendenziell eher unterhalb des Niveaus der Spiele von From Software angesiedelt. Einige Bossfeinde, gerade Pieta als erste richtige Bossbegegnung, haben es durchaus in sich und verlangten mir einiges ab. Andere Feinde ließen sich problemlos in wenigen Versuchen bezwingen, erst recht, nachdem ich auf einen Strahlen-Build wechselte. Durch einen Meta-Build, durch die Möglichkeit des Überlevelns sowie durch die Hilfestellung von Online-Koop-Spielern oder NPC-Figuren können Spieler die Bosse fast schon im “Easy-Mode” erleben. Somit eignet sich Lords of the Fallen mitunter toll für Spieler, denen die Souls-Spiele zu schwierig sind. Souls-Veteranen hingegen werden von den Boss-Begegnungen potenziell enttäuscht werden und müssen auf das New Game+ warten, um eine anspruchsvolle Herausforderung zu erhalten. Das heißt aber nicht, dass Spieler in Lords of the Fallen nicht häufig sterben werden. Die Spielwelt hat ausreichend Tücken im Angebot, um im Verlauf des Abenteuers für viele knackig schwere Stellen zu sorgen.
Die Entwickler haben mit der „Umbral“-Welt ein Feature geschaffen, dass Lords of the Fallen von anderen Spielen im Genre abheben soll. Mit der „Umbral-Lampe“ können wir jederzeit in das Reich der Toten blicken, das groteske Anblicke, aber auch viele lohnenswerte Geheimnisse zu bieten hat. Verborgene Wege, Leitern und versteckte Objekte lassen sich exklusiv in der Umbral-Welt entdecken. Der Spieler kann freiwillig in die Umbral-Welt wechseln. Weiterhin stellt Umbral einen letzten Ausweg nach dem Ableben dar. Stirbt der Spieler, wird er für eine zweite Chance an Ort und Stelle in die Umbral-Welt versetzt. Doch Umbral hat auch seine Schattenseite. Zwar lässt sich in Umbral mehr Kraft verdienen, dafür haben es auch immer größer werdende Mobs an Untoten auf den Spieler abgesehen. Nach einiger Zeit erscheint schließlich ein tödlicher Sensenmann, der gerade zu Beginn des Abenteuer eine viel zu große Gefahr darstellt und für ordentlich Nervenkitzel sorgt. In der Spielwelt sind vereinzelt Stellen platziert, an denen wir in das Reich der Lebenden zurückkehren und das „zweite“ Leben zurückerlangen können. Ferner kann an „Überreste“-Schreinen eine Rast eingelegt und dadurch Gesundheit und Mana aufgefrischt werden. An diesen Schreinen kann zudem die Schnellreise genutzt werden sowie die Möglichkeit zum Aufleveln durch Kraft – klassische Leuchtfeuer aus Dark Souls also.
In Lords of the Fallen sind die Überreste-Ruhestätten rar gesät. Um nicht ständig Fortschritt auf der Reise zu verlieren, können an bestimmten Stellen Überrestesamen gesät werden, die einen temporären „Setzling“ als Teleportstation errichten. Jeder neue Setzling ersetzt den alten, weiterhin sind die erforderlichen Samen nicht frei verfügbar. Wer allerdings viel erkundet und sich jedem möglichen Boss stellt, sollte grundsätzlich ausreichend viele Samen erlangen. Mir hat der Risk/Reward-Gedanke hinter diesem System gefallen, da ich beim Finden eines neuen Beetes stets abwägen musste, ob es sich lohnt, hier eine Ruhestätte zu errichten oder noch weitere Meter zu riskieren. Ich kann aber auch verstehen, dass manche Leute aufgrund der doch recht weit auseinander gezogenen Permanent-Rastplätze frustriert sein könnten.
Zurück zur Umbral-Welt: Mir hat die stressige Erkundung in Umbral grundsätzlich gut gefallen. Grafisch ist die Welt schaurig schön dargestellt und sorgt für einige nette Rätsel- und Plattforming-Sequenzen. Zudem gibt es weitere feine Gameplay-Ideen rund um Umbral: eine neue Zauberart neben Inferno und Strahlen, der Umbral-Schutz für bestimmte Gegner sowie die Umbral-Manipulation dieser, ein weiteres Upgrade-System mit der Umbral-Lampe und einen Händler, der Bosswaffen und -rüstung für eine besondere Umbral-Währung anbietet. Doch gerade in den späteren Teilen des Abenteuers wird es immer lästiger, dass schwache, aber zahlreiche Mobs an Untoten in Umbral lauern.
Was mir an Lords of the Fallen überhaupt nicht gefallen hat:
Auch wenn viele Bosskämpfe eher einfach gestaltet waren, bin ich in Lords of the Fallen dennoch extrem häufig gestorben. Denn gerade in den späteren Arealen des Spiels ist die Gegnerplatzierung dermaßen dicht, dass schwierige Feinde innerhalb weniger Meter verteilt sind. Ehemalige Bosse stoßen als Mini-Bossen mehrfach in späteren Arealen hinzu. Kleine Mobs halten selbst nicht viele Schläge aus, verteilen aber doch einen beachtlichen Schaden und kommen in großen Scharen daher. In Umbral stoßen viele weitere Feinde dazu. Ich erkundete gerne in Umbral, doch durch die noch weiter verstärkte Gegnerdichte versuchte ich meist schnell, dieser Welt wieder zu entkommen. Eine tolle Mechanik, die ich am liebsten nur so häufig wie nötig nutzen wollte.
Nicht nur die Dichte und Schwierigkeit der Feinde wird zur Herausforderung. Zudem werden die Areale selbst zur Tücke. Es gibt unzählige Plattformen, von denen ich dutzende Male stürzte. Ebenso gibt es viele enge Gänge, in denen Gegner mich schnell umzingelten und das Überleben zur großen Herausforderung machten. Fernangriffe aus dem Nichts, die teilweise sogar durch Wände gehen, nehmen im letzten Drittel des Spiels zu. Die Gegnerplatzierung ist an einigen Stellen nicht nur fordernd, sondern nahezu unfair gestaltet. Wenn man versucht, durch einige Areale lieber durchrennen zu wollen, als die angedachten Kämpfe zu absolvieren, ist das kein gutes Zeichen für den Spielspaß eines Spiels. So toll das Level-Design auch ist, steht es in den späteren Leveln im Kontrast zu den unfairen Gegnerplatzierungen.
Hinzu kommt, dass das Anvisiersystem in Lords of the Fallen stellenweise schlecht ist. Bei einer überschaubaren Feindesanzahl direkt frontal vor mir kann ich meist gezielt Gegner anvisieren und erfolgreich zuschlagen. Sobald mehrere Feinde den Bildschirm füllen, was schließlich sehr häufig passiert, verkommt es aber zum Glücksspiel, ob der richtige Gegner anvisiert wird. Teils werden Charaktere in weiter Ferne anvisiert, obwohl eine Handvoll Feinde unmittelbar vor mir stehen. Das fehlerbehaftete Anvisieren stellte für mich wohl die größte Herausforderung dar, welche das Spiel zu bieten hat. In vielen Situationen war es schlichtweg effizienter, das Anvisieren auszulassen und die Waffen frei zu schwingen. Auch eine ungünstige Kameraperspektive wurde in einigen Gegner- und Bossbegegnungen zum Hindernis. Dies sind Aspekte, von denen auch die Spiele von From Software nicht gänzlich verschont bleiben. In Kombination mit der gelegentlich unfairen Gegnerplatzierung ergibt sich hier allerdings ein häufig unnötig frustrierendes Spielerlebnis.
Lords of the Fallen verfügt über eine Online-Anbindung, die sowohl ein Koop-Vorgehen als auch PvP-Kämpfe möglich macht. Online-Freunde könnt ihr in eure Session einladen und gemeinsam Bosse bezwingen. In der Theorie eine tolle Funktion, allerdings erlebte ich bei meinen Versuchen einige Abbrüche der Verbindung mitten im Kampf. Online-PvP ist ähnlich gehandhabt wie in den Souls-Spielen. Ihr könnt unerwartet in die Spielwelt von fremden Spielern eindringen und diesen das Leben zur Hölle machen. Es wird darauf geachtet, dass der „Invader“ und das Opfer grob auf demselben Level sind. Auf dem Papier ebenfalls eine tolle Idee. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Netcode nicht ideal ist. Teilweise wurden meine Schläge nicht registriert, ebenso schlugen meine Ausweichversuche trotz des richtigen Timings fehl. Zu den technischen Problemen kommt hinzu, dass Online nahezu jeder Spieler über den gleichen Meta-Build verfügt und abwechslungsreiche Kämpfe Mangelware sind. Ich hatte daher weder mit Koop noch mit PvP sonderlich viel Spaß und schaltete die Online-Features über weite Teile aus.
Anhaltende Arbeit am Spiel durch die Entwickler: tägliche Patches gegen die Kritik
Leider ist Lords of the Fallen ein gutes Beispiel dafür, dass Videospiele heutzutage oft zu früh auf den Markt kommen. Da wäre zum einen die technische Verfassung des Spiels auf Konsolen. Sowohl auf PS5 als auch Xbox One Series S|X hat der Titel seit Release Probleme mit der Performance. Dies trifft auch auf viele PC-Konfigurationen zu. Hinzu kommen gelegentliche Bugs, plötzlich nicht lesbare Speicherstände, Probleme in der Online-Verbindung. Zudem bin ich im Spiel vielen kleinen Design-Entscheidungen und Features begegnet, die schlicht nicht durchdacht wirken und sich möglicherweise ebenfalls auf eine verkürzte Entwicklungszeit zurückführen lassen. Interessierte Spieler sollten sich daher zweimal überlegen, ob sie sich Lords of the Fallen zum Vollpreis zulegen möchten.
Gleichzeitig muss ich loben, dass das Entwicklerteam ununterbrochen am Spiel arbeitet und seit Release viele Patches veröffentlicht hat. Auf dem PC kamen phasenweise täglich Patches rein, auf Konsole dauert die Bereitstellung durch die Zertifizierungsprozesse der Konsolenhersteller etwas länger. Auf diese Weise wurde bereits versucht, die Performance-Probleme zu entschärfen. Weiterhin geht das Team aktiv auf die Wünsche der Community ein. Kritik zur extrem dichten Gegnerplatzierung oder der Gestaltung des New Game+ nahmen sich die Entwickler zu Herzen und brachten nun, rund 2 Wochen nach Release, bereits erste wahrnehmbare Anpassungen ein. Auch Quality of Life-Features wie die Markierung von neu erlangten Items im Menü werden sukzessive integriert. Aktuell läuft passend zu Halloween außerdem ein spezielles Event mit exklusiver Ausrüstung für alle Teilnehmer. Sofern die Entwickler weiterhin an den Schwächen des Spiels schleifen und saisonale Live-Ereignisse zur Regel werden, könnte Lords of the Fallen einen zweiten Atem finden.