Releasetermin: 14.09.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Sport/Simulation
Entwickler: PES Productions
Herausgeber: Konami
Heutzutage erscheinen nur wenige Spiele aus dem Hause Konami. Die einzige Konstante im Aufgebot des japanischen Entwicklers und Publishers ist derzeit die Pro Evolution Soccer-Serie, die natürlich auch in diesem Jahr an den Start geht. Die Konkurrenz in Form von FIFA ist gewaltig, doch konnte PES mit den letzten Spielen wahrlich überzeugen. Was das diesjährige PES 2018 kann, erfahrt ihr in meinem Test.
Auf dem ersten Blick war ich mir nicht sicher, ob ich tatsächlich die neueste Ausgabe in die PS4 eingelegt oder doch die PES 2017-Disk herausgekramt habe. Würde das Logo von PES 2018 nicht den Bildschirm schmücken, würde ich beim Anblick der Menüs wohl wirklich ins Grübeln kommen. Die Menüführung ist nahezu identisch, wirkt mit den Untermenüs und verschiedenen Kacheln allmählich etwas altbacken. Doch seien wir mal ehrlich: Was tut schon das Menü zur Sache? Viel wichtiger ist doch der Inhalt…
Inhaltlich kaum neue Impulse
In dieser Hinsicht fühlte ich mich aber auch stark an das Vorjahresspiel erinnert. Die “großen” Modi wie Werde zur Legende und die Meister-Liga sind natürlich erneut mit von der Partie. In letztgenanntem Modus habe ich einige Veränderungen feststellen können. Zum einen erhalten Spieler vor Saisonbeginn diverse Ziele, die es zu erreichen gilt. Werden diese nicht erfüllt, kann durchaus der Rauswurf die Folge sein. Auch bei bedrohlichen Niederlage-Serien könnte der Job auf dem Spiel stehen, da der Vorstand auch in diesem Falle die Situation auswerten wird. Auf den meisten Schwierigkeitsgraden wird es sicherlich nicht dazu kommen. Allerdings haben Spieler nun die Möglichkeit, die Bedingungen zur Saison anzupassen und zusätzliche Herausforderungen zu wählen. So können wir beispielsweise einstellen, dass es uns schwerer fällt, mit den Spielern umzugehen, was das Teamwork erschweren kann. Zum anderen empfinde ich die Optionen beim Scouting umfangreicher. Wir können diverse Filter setzen und Spieler unterschiedlichster Position in mehreren Regionen suchen. Auch die Medien-Einbindung des Managers in Form von Interviews vor dem Match etc. ist gegeben, aber rar gesät. Das sind alles nette Ideen, die am Gesamtkonzept aber nur wenig ändern. Allen voran die Meister-Liga ist nach wie vor ein toller Modus, der sich aber im Vergleich zum Vorgänger fast unverändert spielt.
Zufallsauswahl-Partien mit Rückkehr nach 11 (!) Jahren
Neu hingegen sind die Zufallsauswahl-Partien. Eine kurze Recherche sagt mir, dass dieser Modus in PES 6 bereits vorhanden war und somit quasi nach 11 Jahren eine Rückkehr macht. In diesem Modus wählen wir ein Basisteam, bestimmen eine Reihe von Spielerbedingungen und bekommen anschließend ein zufälliges Team basierend auf unseren Kriterien zugelost. So können wir zum Beispiel bis zu vier Teams auswählen und mit einem zufälligen Kader aus diesen Teams spielen. Auch wäre es beispielsweise möglich, alle spanischen Spieler, die in der englischen Liga spielen, als Spielerpool aufzustellen. Nach der zufälligen Verteilung der Teams haben wir noch die Möglichkeit, einzelne Spieler mit unserem Gegner zu tauschen, um ihm so die schwachen Glieder unserer zufälligen Truppe unterzujubeln. Nach dieser Phase wird gespielt – und nach Belieben wiederholt. Ich habe diese Spielvariante zwischendurch immer wieder gern gespielt, doch da die Einbindung zu den umfangreichen Modi fehlt, hatte ich nur wenige Reize, zu den zufälligen Teams zurückzukehren. Eine Online-Liga mit Zufallsteams wäre durchaus spannend, ebenso würde ich die Meister-Liga gerne mit solch einer Truppe bestreiten. Als in sich geschlossene Spielvariante verlieren die Zufallsauswahl-Partien leider an Potential.
Gemeinsame Sache
Ein neuer Online-Koopmodus ist ebenfalls dazugestoßen. Neben den Standard-Onlinemodi und der im E-Sports Kreisen beliebten PES League gibt es nun also die Gelegenheit, 2vs2- und 3vs3-Matches im kooperativen Stile abzuhalten. Auch wenn das Matchmaking gelegentlich etwas dauern kann, ist die Umsetzung grundsätzlich gelungen. Da ich mich online größtenteils solo herumgetrieben habe und darauf hoffen musste, mit den zufällig zugeordneten Mitspielern gut kooperieren zu können, habe ich diesen Modus allerdings eher selten gespielt. Zu häufig landete ich mit absoluten Pro-Spielern in einer Lobby und trug quasi nichts zum Sieg bei. Andere Male musste ich erleben, dass es ohne Absprache schwer ist, gutes Teamplay zu erzielen. Wer allerdings mit Online-Freunden in die Partie geht und mit diesen kommuniziert, kann sicherlich eine Menge Spaß in diesem Koop-Modus haben. Die Server habe ich im Praxistest in allen ausprobierten Modi für recht stabil empfunden. Eine Handvoll Ruckler sowie einige Serverabbrüche und die daraus resultierende 0:3 Niederlage habe ich zwar erlebt, doch passierte dies wirklich selten und stellt scheinbar die Ausnahme dar.
myClub quasi unverändert, dafür mit neuem Schwierigkeitsgrad
Wer Ultimate Team in FIFA gerne spielt, erhält in PES mit myClub eine sehr ähnliche Variante der Teamzusammenstellung. Hier spielen Scouts eine große Rolle, weshalb die erweiterten Scout-Möglichkeiten auch hier eine nette Neuerung sind. Da ich kein Echtgeld ausgeben möchte, stört mich der “Grind” für das Erlangen der InGame-Währung zum Kauf neuer Scouts und somit neuer Spieler etwas. Der Aufwand hält sich aber noch in Grenzen. Da die erlangten Spieler nach und nach an Erfahrung gewinnen und ihre Werte stärken, bemerken wir beim Spielen aber so oder so einen konstanten Fortschritt. Es gilt, gegen KI-Gegner oder andere Online-Spieler in Freundschaftsspielen, Turnieren und Ligen das zusammengestellte Team ans Limit zu bringen. Viel hat sich auch in diesem Modus nicht verändert, doch freute ich mich ebenfalls über die Gelegenheit zum kooperativen Spiel, die auch in myClub greift.
Einen neuen Schwierigkeitsgrad hat PES 2018 ebenfalls noch auf Lager. “Legende” muss erst freigeschaltet werden – und hat es echt in sich. Jeder kleine Fehler wird von der KI bestraft. In meinen ersten Spielen konnte ich keinen einzigen Torschuss verbuchen. Mir persönlich ist diese Schwierigkeit definitiv zu “Hardcore”, doch wird diese Stufe sicherlich ihre Fans finden. Unterm Strich bleibt dadurch aber nicht viel, was Konami an Inhalt neu implementiert hat. Einige Neuerungen gibt es, doch empfand ich die Verbesserungen gerade im Vergleich zur Sportkonkurrenz etwas enttäuschend. EA zeigte mit “The Journey” in FIFA und mit “Longshot” in Madden NFL beispielsweise, dass das Genre auch mit einem Storymodus daherkommen kann. NHL lieferte in diesem Jahr wiederum ein arcadeangehauchten Alternativmodus ab. NBA 2K18 etablierte in “Run the Neighborhood” ein Online-Hub mit diversen Minispielen als Karrieremodus. Und auch wenn nicht alle diese Beispiele fehlerfrei umgesetzt wurden, freute ich mich stets über die gebotene Abwechslung. Dieses Gefühl der “Frische” habe ich im Modusaufgebot von PES 2018 leider vermisst. Da die Konkurrenz wahrlich nicht schläft, würde ich mir in dieser Hinsicht zukünftig mehr Innovation wünschen.
Realistischerer Ansatz, Betonung auf individuelle Stärken und bessere Ballkontrolle
Auf dem Rasen ist durchaus bemerkbar, dass sich die Entwickler von Konami in den letzten 12 Monaten nicht ausgeruht haben. Nachdem die Reihe in den letzten Jahren immer größere Schritte Richtung Realismus gemacht hat, wird diese Devise fortgefahren. Schnell bemerkt man, dass sich PES 2018 langsamer, fast schon träger spielt. Das mag zunächst gewöhnungsbedürftig wirken, gestaltet das Spiel aber realistischer und den Spielaufbau umso wichtiger. Es wird mehr auf die individuellen Stärken der Spieler eingegangen. Nicht jeder hat einen rasanten Antritt, was der diesjährige Titel gut herüberbringt. Physisch starke Spieler fühlen sich in den Zweikämpfen auch entsprechend durchsetzungsstark an. Jeder hat andere Stärken, was authentisch umgesetzt ist.
Dieses veränderte Spielgefühl geht einher mit dem “Real Touch+” System, das eine freiere Kontrolle des Balles ermöglicht. Es fühlt sich fortan nicht mehr so an, als sei der Ball an den führenden Spieler “festgeklebt”, was dynamischere Spielzüge möglich macht. Das trifft insbesondere zu, wenn man in den Einstellungen einige der Spielhilfen abschaltet und so mehr Kontrolle über seine Pässe hat. Viele neue Animationen am Ball können ebenfalls überzeugen. Unabhängig der Spielerwerte schleichen sich Fehler in das Passspiel und in die Schüsse der Spieler ein. Die virtuellen Spieler unterliegen den Gesetzen der Physik und verhauen durchaus einige Aktionen, sofern die Position des Balles beispielsweise einige Zentimeter abweicht. Das gilt vor allem für waghalsige Manöver – wie nun einmal im echten Fußball. Ebenso rutschen die Spieler an einem verregneten Abend hin und wieder aus, was zum Realismus beiträgt. Das Abschirmen des Balles funktioniert gut, ebenso bilde ich mir ein, kontrollierter dribbeln zu können. Besonders auf höheren Schwierigkeitsgraden lassen sich in spannenden Spielen viele kleine Nuancen feststellen, die PES 2018 von seinem Vorgänger unterscheidet.
So sucht man Richtungspfeile in diesem Jahr bei Ecken und Freistößen vergeblich. In PES 2017 noch zeigte ein kleiner Pfeil an, in welche Richtung der Ball gehen würde. Da dieser nun wegfällt und Spieler größere Freiheit genießen, habe ich meine ersten Eck- und Freistöße völlig in den Sand gesetzt. Zunehmend gewinnt man aber an Sicherheit, entwickelt ein Gefühl für die Schuss- und Flankrichtung und freut sich umso mehr, wenn ein Versuch dann doch einmal zu Erfolg führt. Insgesamt haben mir die Änderungen im Spielgeschehen sehr gefallen. Ich habe zwar bemerkt, dass hohe Steilpässe nach wie vor zu oft die Defensive überwinden, wie es schon seit Jahren der Fall ist. Die Neuerungen sorgen aber definitiv für ein realistischeres und meiner Meinung nach somit besseres Spielgefühl.
Lizenzproblem? Wohl kaum!
In jedem Review der PES-Serie möchte ich erwähnen, dass Konami zwar nicht alle Lizenzen hat, das aber dank der Möglichkeit des Datenimports kaum ein Problem darstellt. Im Internet lassen sich reichlich Dateien mit nachgebildeten Trikots und Wappen finden. Auch die beliebtesten Ligen- und Teamnamen lassen sich importieren. Der Import dauert keine 15 Minuten. Wer sich also eine halbe Stunde Zeit nimmt, um sich über die Optionen zu informieren und die Schritte anzuwenden, kann das Lizenzproblem zumindest teilweise umgehen. Da in meinem Freundeskreis nach all den Jahren immer noch die Meinung herrscht, dass PES aufgrund der fehlenden Lizenzen das Nachsehen hat, weise ich immer wieder gerne auf die Editier-Möglichkeiten hin.
An dieser Stelle muss man aber auch hervorheben, dass Konami sich um immer mehr Lizenzen bemüht. Neben den “großen” Vereinen wie FC Barcelona, FC Liverpool und Borussia Dortmund gibt es zum Beispiel neuerdings auch Partnerschaften mit Valencia, Fulham und Inter Mailand. Auch ohne Ausflug in die Welt der importierten Vereinseigenschaften haben Spieler also mehr Vereine zur Verfügung als noch im Vorjahr. Mit über 30 Stadien sind in PES 2018 auch mehr Schauplätze verfügbar. Ich freue mich auch jedes Mal aufs Neue über die Einbindung der Uefa Champions League und der Uefa Europa League. Diese exklusiven Turniere kommen mit hochwertigen Intros daher und haben definitiv eine besondere Atmosphäre. Die Konkurrenz von FIFA ist in Sachen Lizenzen natürlich nicht zu schlagen, doch ist die Lage weitaus nicht so schlimm, wie es manche Fußballfans glauben mögen.
Ansehnliches Geschehen auf dem Rasen, dafür mit repetitiven Kommentatoren
PES 2018 ist mit Abstand das hübscheste Spiel der Reihe. Die Spielermodelle wirken noch eine Spur detaillierter gestaltet als im letzten Jahr, zudem überzeugen die neuen Animationen. Die Stadien machen einen guten Eindruck, hinsichtlich der Stadionatmosphäre hat Konami optisch und akustisch in den letzten Spielen sehr gut zugelegt. Auch die Beleuchtung kann überzeugen. Auf der PS4 Pro gibt der Titel in 4K ein extrem klares Bild ab. Zudem wurde die Meister-Liga mit einer Reihe von Zwischensequenzen ausgestattet, die beispielsweise zeigen, wie Messi den Europafußballer-Award entgegen nimmt. Diese kurzen Clips sind schön inszeniert und tragen dazu bei, dass die Umsetzung einen hochwertigen Eindruck macht.
Die Kommentatoren sind mit Hansi Küpper und Marco Hagemann natürlich professionell gewählt, allerdings wiederholen sich die Bemerkungen leider recht schnell. Auch werden gelegentlich falsche Aussagen über Torschützen etc. getroffen, was durchaus irritiert. Über weite Strecken ist der Kommentar aber gut umgesetzt. In den Menüs ertönt stets ein poplastiger Soundtrack, der ruhig ein wenig umfangreicher sein könnte. Schnell wiederholen sich die Songs nämlich. Da aber so einige namhafte Künstler vertreten sind, werden die meisten Spieler wohl den einen oder anderen Ohrwurm für sich finden.