Releasedatum: 05.09.2025
Medientyp: Download
Genre: Visual Novel, Multi-Genre Adventure
Entwickler: Neilo, Too Kyo Games
Herausgeber: Spike Chunsoft
Mit einer Murder-Mystery-Geschichte, die über fünf verschiedene Abenteuer hinweg erzählt wird, möchte sich Shuten Order aus der Masse an Visual Novels hervorheben. Mit der Beteiligung von Genre-Größen wie Kazutaka Kodaka (Danganronpa-Serie, The Hundred Line – Last Defense Academy) und Takumi Nakazawa (Ever 17: The Out of Infinity, Root Double – Before Crime * After Days) verspricht das stylische Spiel großes Potenzial. Ob es dieses letztlich auch erfüllen kann, erfahrt ihr in meinem Test.
Göttliche Wiedergeburt mit Krimi-Elementen als starke Prämisse
Der Einstieg in Shuten Order ist erzählerisch stark inszeniert. Die Hauptfigur Rei erfährt, dass sie eigentlich tot ist – oder besser gesagt: war. Ihr Tod war ein Fehler, sogar aus Sicht Gottes. Durch ein Wunder wurde ihr eine zweite Chance gewährt, allerdings in einem temporären Körper und ohne Erinnerungen. Ihre Aufgabe: herausfinden, wie sie gestorben ist, den Mörder zur Rechenschaft ziehen und ihre Seele zurückholen. Dabei stehen ihr zwei Engel mit Heiligenschein zur Seite, die behaupten, sie seien auf göttlicher Mission.
Die Welt, in der sie sich wiederfindet, ist das Land Shuten – regiert von einem religiösen Orden, dessen Gründerin niemand anderes als sie selbst war. Dass der Täter vermutlich unter den Ministern und Ministerinnen dieses Ordens zu finden ist, macht die Sache nicht einfacher. Die Geschichte entfaltet sich in fünf separaten Routen, die in beliebiger Reihenfolge gespielt werden können. Jede Route fokussiert sich auf eine Person des Ministeriums, die Rei zur Konfrontation bringen will. Doch statt direkter Ermittlungsarbeit landet sie oft in völlig anderen Problemen, die erst gelöst werden müssen, bevor es zum eigentlichen Verhör kommt.
Fragmentierte Erzählstruktur mit variierendem Story-Fortschritt
Was zunächst spannend klingt, verliert im Spielverlauf leider an Zugkraft. Die einzelnen Routen halten sich mit relevanten Informationen zur Hauptstory zurück. Enthüllungen über den Mord an Rei werden hier und da gestreut, bleiben aber oft oberflächlich und ohne Bezug zu anderen Routen. Zwei Story-Wege geben merklich wichtigere Informationen preis, die anderen drei Routen bleiben im Kontext der Gesamtstory eher blass. Da die Reihenfolge frei wählbar ist, fehlt ein klarer Spannungsbogen. Die Freiheit in der Wahl der Routen schadet hier mehr, als der Erzählung einen Vorteil zu bieten. Das finale Kapitel nach Abschluss der Routen konnte mich hingegen wieder vollends überzeugen. Die Geschichte hat spannende Wendungen auf Lager und findet einen gelungenen Abschluss.
Die Dialoge sind solide geschrieben. Insbesondere die Unterhaltungen zwischen der Protagonistin Rei und den Engeln – allen voran der Kontrast zwischen der quirligen Himeru und dem ruhigen Mikotoru – haben mich fortlaufend gut unterhalten. Die fünf Minister zeichnen sich durch verschiedene Charakterzüge aus, die mir recht gut gefallen haben. Es ist gelungen inszeniert, wie Rei nach und nach herausfindet, in welcher Beziehung sie zu den Ministern stand. Die Routen erzählen in sich geschlossene Nebenhandlungen, die von eher langweilig zu hochspannend reichen.
Visual Novel mit gemischten Gameplay – leider nur bedingt mit Tiefgang
Spielerisch setzt Shuten Order primär auf klassische Visual-Novel-Elemente: viel Text, viele Dialoge, wenig Interaktion. Dass fünf Routen präsentiert werden, hat nicht nur Auswirkungen auf die Story. Jede der fünf Routen verfügt über Eigenheiten im Spielgeschehen. Mal muss man einfache Rätsel lösen, mal ein Escape-Spiel bestreiten, mal seichte Schleichmanöver durchführen oder romantische Entscheidungen treffen. Im Vordergrund steht aber immerzu die Visual Novel-Präsentation. Die fünf Routen unterscheiden sich mechanisch, doch da die Minispiele simpel bleiben und die Interaktivität über alle fünf Routen begrenzt bleibt, will kaum spielerische Abwechslung aufkommen. Was mir hingegen gefallen hat, ist die thematische Vielfalt der einzelnen Routen. Jeder Minister oder jede Ministerin bringt eine eigene Perspektive und ein eigenes Problem mit, das Rei lösen muss, was für inhaltliche Abwechslung sorgt.
Stylisch und farbenfroh
Audiovisuell zählt Shuten Order nun zu meinen Lieblingstiteln unter den Visual Novels. Allen voran die grafische Darstellung hat mich auf Anhieb überzeugen können. Übergänge zwischen den Szenen fallen stylisch aus. Auch die Figurendesigns sind gelungen. Ich habe den Titel hauptsächlich auf dem Steam Deck OLED erlebt, auf dem die Optik wunderbar vermittelt wird. Dadurch, dass Shuten Order visuell häufig mit dicken schwarzen Konturen arbeitet, eignet sich ein OLED-Screen toll für das Erlebnis.
Und auch soundtechnisch weiß Shuten Order zu gefallen – mit passend ausgewählten japanischen Stimmen und einem atmosphärisch abgestimmten Soundtrack. Schade nur, dass keine englische Sprachausgabe aufgenommen wurde. Angesichts der Tatsache, dass Shuten Order vermeintlich unter einem kleinen Budget entstanden ist und dennoch einen beachtlichen Umfang von rund 30-40 Stunden Lese- und Spielinhalt bietet, ist das Fehlen von englischen Sprechern aber gut zu verkraften.