Releasetermin: 13.10.2016
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: On-Rails-Shooter, Horror
Entwickler: Supermassive Games
Herausgeber: Sony Interactive Entertainment
Ich hatte großen Spaß mit Until Dawn. Der Titel verstand es, seinen Trash-Charme sympathisch herüber zu bringen und mit bekannten Klischees zu spielen. Mit Entscheidungsfreiheiten konnten Spieler ihre Geschichte formen, was den Titel zum unterhaltsamen 10-Stunden-Abenteuer machte. Zum Release von Playstation VR ist nun ein Ableger erschienen. Until Dawn: Rush of Blood bringt jedoch nicht das gewohnte Geschehen in die virtuelle Welt. Auf den ersten Blick haben Until Dawn und das Spin-Off gar nur wenig gemeinsam. Denn präsentiert Rush of Blood klassische Shooting-Gallery-Action auf Schienen. Ob das Konzept aufgeht und ob der Titel zurecht den Namen „Until Dawn“ trägt, erfahrt ihr in unserem Test.
Eins vorweg: Rush of Blood bietet zwei verschiedene Steuerungsvarianten an. Wir können per Dualshock 4 oder mit zwei Move Controllern spielen. Da die Moves nicht nur intuitiver und dadurch spaßiger sind, sondern auch weil die Kontrolle per Dualshock unnötig erschwert ist, beziehe ich mich in meinem Test auf die Nutzung von Moves. Ich empfehle jedem Move-Besitzer, diese auch für das Spiel zu benutzen.
In einem Achterbahn-Wagon sind wir auf Schienen unterwegs und haben Waffen zur Verfügung, mit denen wir uns vor so mancher Gefahr beschützen. Rush of Blood schickt uns auf acht verschiedene Achterbahnfahrten, die mit unterschiedlichen Thematiken und Schauplätzen daherkommen. Hier zeigt sich eine der wenigen Parallelen zu Until Dawn. So werden Spieler des Abenteuers so einige Areale wiedererkennen, die sie im Laufe der Geschichte kennengelernt haben. Die Fahrten sind leider nur selten intensiv, denn ist der Wagen primär Mittel zur Fortbewegung. Zumeist sind wir im langsamen Tempo unterwegs, doch nimmt die Achterbahn hin und wieder auch Fahrt auf. Dabei vermittelt der Titel ein gelungenes Gefühl von Adrenalin, auch wenn keine G-Kräfte auf uns wirken. Als Fan von jeglichen Jahrmarkt-Attraktionen haben mir die rasanten Fahrten gefallen. In VR kommt das Geschwindigkeitsgefühl gelungen herüber. Wie erwähnt hätte es für meinen Geschmack schlicht mehr dieser Geschwindigkeits-Sequenzen geben können.
Viel mehr liegt der Fokus darauf, Spieler mit gruseligen Feinden und Zielscheiben zu konfrontieren. Rush of Blood ist ein klassischer Gallery-Shooter auf Schienen, so dass Präzision und Geschick groß geschrieben werden. Auf und neben der Strecke sind deshalb unzählige Ziele verteilt, die es zu erwischen gilt. Das erklärt auch, warum die Achterbahnfahrt zumeist auch eine langsame ist, denn würden wir sonst keinerlei Zielobjekt zuverlässig treffen können.
Das grundlegende Geschehen verlangt von uns, durch möglichst präzise Schüsse Multiplikatoren aufzubauen und möglichst viele Punkte zu erreichen. Lokale Ranglisten und Online-Varianten stellen sicher, dass wir durch den Vergleich mit anderen Spielern stets zu weiterer Motivation angetrieben werden. Auch sorgen gut versteckte Easter Eggs und leicht zu übersehende Sonderziele für die Anregung, Areale wiederholt zu spielen. Zugegebenermaßen ist der Umfang nicht grandios. Die acht Strecken sind in rund drei Stunden durchgespielt. Nicht jeder achtet auf Sammelobjekte und auch Ranglisten lassen so einige Spieler kalt. Die fehlende Abwechslung und die kurze Dauer sind daher die größte Schwäche des Titels.
Doch will ich euch die größte Stärke nicht länger vorenthalten. Rush of Blood kommt mit clever inszenierten Horror-Aspekten daher. Größtenteils habe ich mich durch einfache Jump Scares erschreckt, doch baut so manches Areal allein durch seine düstere Gestaltung eine wirklich dichte Atmosphäre auf. Die Umgebungen fernab der Schienen haben spannende Ereignisse zu bieten, die größtenteils zwar gescripted, aber zumindest beim ersten Durchgang wahnsinnig effektiv sind. So fahren wir beispielsweise durch ein blutiges Sägewerk hindurch und sehen riesige, groteske Schweinsköpfe, die mit ihrem lauten Grunzen für eine behagliche Stimmung sorgen. Wer Until Dawn gespielt hat, wird sich an späte Szenen des Spiels zurückversetzt fühlen. Bei der Inszenierung nimmt sich der Titel selbst nicht ganz ernst, was im Endeffekt aber zur Effektivität beiträgt. Rush of Blood baut eine ganz seltsame Stimmung auf, die sich irgendwo inmitten von Anspannung, Grusel, Ekel und Belustigung einpendelt.
Sind die passiven Geschehnisse um uns herum nicht schon genug, schickt das Spiel auch etliche Feinde auf uns los. Immer wieder rennen Monster in verschiedenen Formen auf unseren Wagon zu und es liegt an uns, sie mit unseren Waffen davon abzuhalten. Die Gegnergestaltungen weisen einmal mehr Parallelen zu Until Dawn auf, was für Fans des Spiels zum Spaßfaktor beiträgt. Angespannt, weil auf den nächsten Jump Scare wartend, fuhr ich so durch die unterschiedlichen Umgebungen und knallte auf alles, was sich auch nur ansatzweise bewegte. Vor lauter Schiss habe ich oftmals nicht auf die eigentlich wichtigen Zielscheiben geschossen, sondern lediglich wild auf Clowns, Geister und andere verunstaltete Wesen geballert, um sie mir vom Leib zu halten. Until Dawn: Rush of Blood ist wahrlich kein Horror-Meisterwerk, doch ist das Geschehen in VR schlichtweg effektiv mit seinen Schockern.
Der erfolgreiche Gruselfaktor spielt mit den Schussmechaniken in VR seine Stärken aus. Sämtliche Eindrücke werden durch die Technik nicht nur intensiviert, sondern werden durch Motion Tracking auch unsere Bewegungen einbezogen. So müssen wir uns beispielsweise hin und wieder ducken oder durch ausgeschnittene Silhouetten quetschen, was den Spaß am VR-Geschehen auf einfachste Weise erhöht. Die Bedienung per Move-Motion-Controller funktioniert solide und macht Until Dawn zum wohl besten Gallery Shooter auf der PS4. Wer das Genre liebt und früher in Arcade-Hallen zuhause war, wird mit Rush of Blood eine gute Zeit verbringen.
Diverse Waffen-Upgrades, in den Levels versteckt, sorgen dabei für spielerische Abwechslung. Wir haben daher nicht ständig zwei Pistolen in den Händen, sondern sind auch beispielsweise mal mit einer Schrotflinte in der einen Hand und einer Uzi in der anderen ausgestattet. Das Spielgeschehen bleibt zwar recht oberflächlich, was für die gelungene Gesamterfahrung aber allemal ausreicht. Wer besonders erfolgreich mit seinen Schüssen ist, kann einen der weiteren Schwierigkeitsgrade ausprobieren und sein Können unter Beweis stellen.
Rush of Blood sieht über das PSVR-Headset recht gut aus. Zwar habe ich schon bessere Grafik in VR gesehen, doch reicht die Optik aus, um ihre bezweckte Wirkung zu erzielen. Die Umgebungen sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet, auch wenn so manche Einzelheit in der geringen Auflösung untergeht. Supermassive hat die Schauplätze von Until Dawn gut wiederverwertet und spielt mit netten grafischen Effekten wie beispielsweise Blut, das über den Bildschirm läuft, wenn wir unter einer roten Fontäne hindurchfahren. Und auch das Gegnerdesign kann punkten, das nicht nur Ideen vom Originalspiel ausleiht, sondern auch eigene Akzente setzt. Der Soundaspekt ist ebenso gelungen und überzeugt mit scheußlichen Geräuschen und stimmungsvoller Musik. Das audiovisuelle Erlebnis ist dank der Erfahrung des Entwicklers auf diesem Gebiet sehr gut ausgefallen.
Fazit
Until Dawn: Rush of Blood bietet spaßige On-Rails-Shooter-Action im Arcade-Format, die mit einer Menge Horroreinflüssen und Jump Scares aufgepeppt wurde. In VR spielt der Titel sich schaurig unterhaltsam und ließ mich nicht selten von meinem Stuhl aufspringen. Die gelungene VR-Umsetzung und clevere Parallelen zu Until Dawn sprechen für den kurzweiligen und unheimlichen Shooter-Spaß.
Fehlende Abwechslung, ein überschaubarer Umfang und mangelnde Wiederspielmotivation sorgen jedoch dafür, dass Rush of Blood nicht über sich hinaus wächst. Wer sich für wenige Stunden einmal richtig gruseln will, kann beim Titel für 20€ aber beherzt zugreifen. Schließlich eignet sich das Spiel auch als toller Demoeinstieg in die Welt von PSVR. Es gibt kaum ein befriedigenderes Gefühl, als ahnungslose Kollegen auf den VR-Horrortrip zu schicken!