Releasetermin: 09.09.2014
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: First-Person-Shooter/MMO
Entwickler: Bungie
Herausgeber: Activision
Es gibt nur wenige Spiele, die einen echten Wandel innerhalb des Genres verursacht haben. Ein Titel, der solch eine Genre-Änderung inne hatte, ist Halo. Viele der Spielmechaniken, die der First-Person-Shooter eingeführt hat, sind heutzutage Standard im Genre. Außerdem hat es das Spiel geschafft, eine dermaßen aktive Community aufzubauen, dass Halo fortan als DER Konsolenshooter schlechthin angesehen wurde. Nun endlich steht Destiny in den Läden – die erste neue IP von Bungie, seitdem der Entwickler Halo auf den Markt gebracht hat. Die Erwartungen an das Spiel waren immens und das nicht nur, weil Destiny sich mit den wohl höchsten Entwicklungs- und Marketingkosten der Videospielwelt schmücken kann. Viele Shooter-Fans haben sich dem Hype hingegeben, manche blieben skeptisch. Hatte Destiny überhaupt eine Chance, bei den unvorstellbaren Erwartungshaltungen zu bestehen? Nachdem ich nun rund zwei Wochen in der Welt des neuen Bungie-Spiels verbracht habe, traue ich mich an die Beantwortung dieser Frage heran.
Story nur zweitrangig
Meinen ersten Tag mit Destiny ging ich hauptsächlich die Story des Spiels an – auf eigene Faust. Auch wenn der Titel an jeder zweiten Stelle zeigt, dass er großen Wert auf Zusammenarbeit legt, ist es durchaus möglich, das Spiel völlig allein zu bestreiten. Ich habe zwar im Turm, dem zentralen Hub des Spiels, viele Mitspieler gesehen und auch in der Spielwelt den ein oder anderen Mitstreiter entdeckt, doch bin ich die ersten Stunden vollkommen allein an die Missionen der Story herangegangen. Dadurch habe ich meinen Fokus auf die Handlung gelegt, wodurch sich Destiny gänzlich anders anfühlte, als ich es später in meiner Spielzeit noch erleben sollte. Das liegt daran, dass Destiny kein klassischer Action-Shooter ist, der sich durch hollywoodreife Handlungsstränge auszeichnet. Es fühlt sich an, als sei die Story für Bungie nur zweit- oder gar drittrangig in der Entwicklung gewesen. Die Handlung ist im eigentlichen Spiel recht dünn präsentiert. Wir können uns freuen, wenn wir einmal eine der rar gesäten Zwischensequenzen begutachten dürfen. Jede Mission wird durch Monologe während dem Ladebildschirm erklärt, was es mir schwer macht, mich der Handlung voll und ganz zu widmen. Es gibt in der Tat recht viel zum Universum und zu den Rassen zu erfahren, mehrere Sagen der Spielwelt nachzulesen – aber nicht direkt im Spiel. Über die Bungie Website oder die entsprechende App haben wir Zugriff auf eingesammelte Grimoire-Karten, die genau solche Informationen liefern. Dass diese aber extern ersichtlich sind, ist meiner Meinung nach eine große Fehlentscheidung von Bungie. Viele Spieler werden diese wirklich wissenswerte Zusatzinfos nie zu Gesicht bekommen, da sie aus dem Spiel ausgelagert wurden. Im Grunde genommen verstecken sich in den Grimoire-Karten und in diversen Nebensätzen während der Missionerklärungen Ansätze eines interessanten Universums. Mir ist durchaus bewusst, dass Bungie das Spiel nach und nach mit immer mehr Inhalt ausstatten will und so ist auch nicht auszuschließen, dass noch ereignisreiche, relevante Story-Missionen nachgereicht werden. Hier ist noch Luft nach oben und es würde mich freuen, wenn Bungie hier entsprechend ausbauen würde. Im aktuellen Zustand würde ich das Spiel kaum als aufregende Singleplayer-Erfahrung bezeichnen.
Spaß mit Spielern
Es ist das Mehrspieler-Erlebnis, das Destiny zu etwas Besonderem macht. Es sind die Momente, die mir im Kopf geblieben, in denen man mit mehreren Kumpels endlich einen kniffligen Boss in die Knie zwingt, und für die ich den Titel auch immer noch gern spiele. Die Coop-Action ist an sich nichts Neues, doch ist Destiny von Grund auf als ein solcher Coop orientierter Titel konzipiert worden, was man an allen Ecken und Kanten merkt. Es liegt ein besonderer Reiz darin, sich selbst herauszufordern und Strikes auf hohen Levels sowie Missionen mit heroischen Bedingungen zu bestreiten. Geht man in seinen Spielvorlieben auf Nummer sicher, fühlt sich Destiny schnell repetitiv und langweilig an. Dreht man den Schwierigkeitsgrad hoch und stellt sich kniffligen Events, vermittelt das Spiel ein unglaublich großes Erfolgsgefühl. Doch ist das nicht frustrierend, gegen Gegnerhorden auf höheren Levels anzutreten? Nicht mit einer gut eingespielten Spieltruppe! Den wohl größten Spaß an Destiny habe ich in den knackigen Strikes, die ab Level 18 bereit stehen und zum Spielen mit Leuten der Freundesliste, oder auch mit fremden Mitstreitern einladen. Es ist jedes Mal aufs Neue ein verdammt befriedigendes Gefühl, wenn ich mit PSN-Freunden einen gefährlichen Boss erledige und mit seltenem Loot belohnt werde. Ich hatte auch bei meinem Solo-Durchlauf der Story Spaß, doch die wirklich denkwürdigen Momente hatte ich bisher bei im Team absolvierten Missionen. In Destiny sind nicht die gescripteten Events einprägsam, wie es andere Shooter gerne handhaben, sondern sind die Spieler für die unvergesslichen Aktionen verantwortlich, was ich in keinem anderen Spiel bisher in dieser Form erlebt habe.
Gameplay keine Revolution
Das eigentliche Spielgeschehen dürfte den meisten bekannt sein. Wir dürfen Ballern, Ballern und nochmals Ballern – und gelegentlich auch einmal per grazilem Doppelsprung irgendwo hochspringen und mit unserem Sparrow-Gefährt von A nach B fahren. Die Gameplaymechaniken fühlen sich wie ein Mix aus Borderlands und Halo an, was ein sehr zufriedenstellendes Waffensystem zum Resultat hat. Auch hier bietet uns sich weitaus nichts Neues, doch hat die fehlende Innovation im Spielgeschehen keine Auswirkung darauf, dass sich Destiny einfach spaßig spielt. Die Schussgefechte sind spannend, die verschiedenen Waffen spielen sich entsprechend unterschiedlich. Zu Beginn des Spiels werden uns drei Klassen zur Auswahl gegeben, die über abweichende Fertigkeiten verfügen und sich ebenfalls merkbar unterschiedlich spielen. Durch einen Skilltree können die Fähigkeiten weiter ausgebaut werden, ab Level 15 bietet jede Klasse einen zweiten Fertigkeitsbaum. Hochgestuft werden die Begabungen und Verbesserungen durch zahlreiches Spielen. Der zu Anfang des Spiels erstellte Charakter kann alle Klassen einnehmen, doch muss in jeder Klasse auch individuell fortgeschritten werden. Bin ich als Warlock auf Level 10, muss ich als Titan dennoch von Level 1 anfangen. Durch Missionserfüllungen und Abschüsse erlangen wir Erfahrungspunkte, die unser Klassenlevel in die Höhe schießen lassen. Bei Level 20 ist mit der herkömmlichen Auflevelung Schluss – hier wird der Rüstung eine verstärkte Bedeutung zugeschrieben. Schon zuvor nahm die Ausrüstung natürlich eine große Wichtigkeit ein: Auch wenn man beispielsweise Level 10 erreicht, jedoch nur Rüstung bis Level 3 angelegt hat, bleibt man gegen Level 5 Gegner und aufwärts schnell auf der Strecke. Es ist also stets wichtig, auf die vorhandenen Waffen und verfügbaren Rüstungsteile zu achten. Ab Level 20 erfolgt die Hochstufung durch einen neuen Wert der Rüstung. Helm, Arm-, Bein- und Brust-Schutz sind ab Level 20 mit dem Wert „Licht“ ausgestattet. Fortan gilt es also, nicht wie zuvor auf EP-Jagd zu gehen, sondern sich auf Loot und Missionsprämien zu stürzen. Bungie hat durchaus recht mit der Aussage, dass sich Destiny weit fortgeschritten im Spiel gänzlich anders anfühlt, was an den Strikes und dem Licht-Leveln liegt. Hier wird das Spiel unglaublich „grindy“, was MMO-Fans sicherlich gewohnt sind. Ein weiterer Aspekt, bei dem man sich an MMOs bedient hat, ist der Turm, der als Zentrum der Spielwelt dient. Hier können wir nicht nur etlichen Online-Spielern begenen, sondern auch Missionen annehmen und abgeben, Waffen, Rüstung, Schiffe und Fahrzeuge kaufen, Sachen verstauen, die unser Inventar nur belasten, und und und. Besonders der Kryptarch ist immer wieder meine Lieblingsanlaufstelle, da er gefundene oder verdiente Engramme entschlüsselt, hinter denen sich immer wieder seltene Gegenstände verbergen. Es gibt die Grundwährung „Glimmer“, mit der die meisten Objekte erworben werden können, sowie „Seltene Münzen“ und „Licht-Partikel“, die nur bei bestimmten Händlern zum Einsatz kommen. Der Turm ist ein klassisches Hub, das mir kaum Wünsche übrig gelassen hat. Lediglich war ich enttäuscht, dass ich meine Gegenstände nicht mit Freunden oder anderen Online-Spielern tauschen oder verschenken kann. Für mich gehört eine Art Börse zu einem MMO dazu und ich bin mir sicher, dass Bungie diese Möglichkeit noch nachreichen wird.
So viel zu tun – und es gibt jeden Tag mehr
Hinsichtlich des Umfangs ist Destiny eine Wucht. Es gibt viele Story-Missionen und etliche Strikes. Drei Klassen gilt es zu meistern, die jeweils auf Level 20 gebracht werden können, bevor es auf die Rüstung ankommt, was das Aufleveln deutlich zäher gestaltet. Jede Klasse bietet zwei Skilltrees, an denen man mindestens 50 Stunden zur Vollendung sitzt. Es gibt täglich und wöchentlich wechselnde Strike-Missionen, zusätzlich gilt es alle 24 Stunden neue Herausforderungen, so genannte Beutezüge, zu absolvieren. Auch die erste Raid, die auf den Namen „Kammer aus Glas“ hört, ist mittlerweile verfügbar, äußerst knifflig und wird sicherlich die ein oder andere Stunde zur Beendigung verlangen. Destiny hat einen gewaltigen Umfang, der von Bungie regelmäßig erweitert wird. Es steht schon jede Menge kostenloser Zusatzinhalt auf dem Plan und auch die ersten kostenpflichtigen DLC-Pakete haben sich angekündigt. Natürlich wollen wir auch nicht die PvP-Möglichkeit vergessen, in die ich auch schon viele Stunden investiert habe. Es gibt diverse Modi, in denen wir unsere Schussfertigkeit unter Beweis stellen dürfen und gegen andere Spieler antreten. Neben klassischem Team- und Deathmatch („Konflikt“ und „Rumble“) und der TDM-Abänderung „Gefecht“, bei der es nur zwei Teamkameraden gibt, die auch wiederbelebt werden können, ist auch der Zonen-Eroberungsmodus „Kontrolle“ enthalten. Bei den Modi war ich zugegebenermaßen etwas enttäuscht. Während Bungie bei den Halo-Spielen noch durchaus innovative Modi kreierte, liefert man hier nur Standard-Kost ab. Hier will man aber auch noch einiges nachreichen, doch auch so bietet der PvP-Aspekt von Destiny viel Spaß. Das liegt zum Einen an den toll gestalteten Maps, die sich abwechslungsreich präsentieren. Während die meisten Karten eher auf Action auf kleinen Raum abzielen, sind auch Maps vorhanden, die mehr Freiraum bieten und auch Fahrzeuge zur Verfügung stellen. Zum Anderen liegt der Spaß am gelungenen Balancing. Die Grundwerte von Waffen und Rüstung werden im Gefecht angepasst, damit die hochgelevelten Veteranen nicht unfair agieren können. Trotzdem sind die klassenspezifischen Spezialisierungen mitsamt allen Upgrades aktiv, wodurch ein Charakter über Level 20 definitiv einen Vorteil gegenüber Spielern mit niedrigeren Rängen hat. Doch keine Angst: Anfänger haben definitiv immer noch eine gute Chance, in den Matches gut abzuschneiden, so fiel jedenfalls meine Erfahrung aus. Um PvP-Neulingen keinen Frust zu bescheren, stehen die verschiedenen Spielmodi erst nach und nach frei, angefangen mit Kontrolle bei Level 5. Neben den Erfahrungspunkten warten nach jedem Rundenende bis zu zwei Gegenstände oder Engramme als Belohnung auf euch – mit Pech geht man auch mal leer aus. Weiterhin sind jeden Tag mehrere Beutezug-Herausforderungen für den PvP-Teil zu lösen. Diese Aufgaben fordern den Spieler beispielsweise dazu auf, eine bestimmte Spieleranzahl einer vorgegebenen Klasse zu eliminieren oder so und so viele Abschüsse mit einer spezifischen Waffenart zu absolvieren. Diese Beutezüge werden ebenfalls ordentlich prämiert, weshalb es sich stets lohnt, einen Blick auf die täglich wechselnden Aufgaben zu richten. Auch im PvP bleibt zu sagen: Destiny erfindet hier das Rad keineswegs neu. Weder die Spielmodi noch die Fortschrittsmöglichkeiten bringen dem Genre etwas Neues, und dennoch haben mich die Online-Gefechte überzeugt. Die starken Shootermechaniken kommen hier voll zum Zuge, es gibt fantastisch gestaltete Karten und ganz in MMO-Manier findet sich immer ein Grund, noch eine Runde zu spielen. Und noch eine. Und noch eine…
Eine Reise auf den Mond
Destiny präsentiert sich in einem absolut atemberaubenden Gewand. Die virtuelle Darstellung der verschiedenen Planeten lässt mir nach wie vor die Kinnlade herunterklappen. Immense Krater und unglaubliche Weitsichten mit Blick ins Universum sorgen für eine fantastische Atmosphäre, der mir ab und zu das Ballern in den Weg kommt: Eigentlich will ich doch nur auf dem Mond herumcruisen und den Anblick genießen, doch kommen von allen Seiten Schüsse auf mich zu. Destiny gibt mir in den unterschiedlichen Arealen wirklich das Gefühl, an einem anderen Ort auf einem fernen Planeten zu sein. Der Unterschied von der Erde zum Mars, zur Venus und zum Mond sind so gravierend, dass für mich das Umgebungs- und Kartendesign zum Besten gehört, was ich im Shooter-Genre je gesehen habe; vielleicht sogar Genreübergreifend zum Besten zählt. Die Waffendetails sind ebenfalls faszinierend, genau so sind die Charaktere wie auch das Gegnerdesign sehr gut ausgefallen. Destiny glänzt mit tollen Effekten und so machen sowohl die Schusseffekte mit dem Elementarschaden als auch das Feuer, das beim Zünden des Turbos aus unserem Sparrow schießt, optisch ordentlich etwas her. Bungie hat im Grafik-Departement super Arbeit geleistet! In puncto Akustik muss man sich auch nicht verstecken: Die Soundeffekte der Waffen und Fahrzeuge bringen auf entsprechender Anlage einen fetten Klang herüber. Ferner haben es mir die Geräusche angetan, die einige der Monster von sich geben. Diverse (Boss-)Gegner kündigen sich mit einem schrecklichen Geschrei an, sodass ich schon vor Respekt schlucken muss, bevor ich meinen Feind überhaupt gesehen habe. Der Soundtrack ist allererste Sahne und biete epische Klänge, die sich gut zur dichten Stimmung einreihen, die auf den Planeten herrscht. Mit Peter Dinklage hat man ein großes Kaliber zur Vertonung des Geistes engagiert, doch ganz ehrlich: Eine herausragende Leistung wird uns hier nicht geboten. Der Geist spricht größtenteils recht emotionslos, weshalb auch ein unbekannter Sprecher die Rolle hätte einnehmen können. Mir gefällt die deutsche Fassung tatsächlich sogar besser, die hiesige Stimme verleiht dem Geist das gewisse Etwas.
Fazit
Destiny hat es unglaublich schwer, den Erwartungen vieler Shooter-Fans gerecht zu werden. Die vielerorts erwartete Revolution des Genres bleibt aus, was viele Spieler leider wohl enttäuschen wird. Eine Revolution scheint das Spiel auch gar nicht zu wollen: Uns werden starke Ballermechaniken präsentiert, die einen Mix aus Borderlands und Halo entsprungen zu sein scheinen. Dieses Gameplaygerüst wird in ein MMO-Gewand gepackt, fertig ist Destiny. Der Titel lebt von den Mehrspielerelementen und den Fortschrittsmöglichkeiten. Hier werden Spieler bedient, die die Jagd nach immer besserem Loot schätzen und gern mit Mitspielern unterwegs sind. Neben bombastischer Grafik und toller musikalischer Unterstützung wartet Destiny mit einem soliden PvP-Aspekt auf. Die Story ist recht dünn ausgefallen und so sollten Solo-Spieler lieber zweimal über einen Kauf nachdenken. Ich liebe Destiny für das was es ist: Ein MMO-Shooter-Hybrid, das das Rad keineswegs neu erfindet. Ich habe nach abermals vielen Stunden bei weitem noch nicht alles vom Spiel gesehen und freue mich trotzdem schon sehr auf den Inhalt, den Bungie für die kommenden Wochen und Monate bereit hält.
Zufriedenstellende Ballermechaniken
Motivierende RPG- und MMO-Elemente Bombastische Grafik Musikalisch und soundtechnisch sehr passend untermalt Unglaublich großer Umfang mit offenem Ende |
Story bleibt viel zu bleich, Wissenswertes wurde ausgelagert…
…worunter die Singleplayer-Erfahrung leidet |
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