Releasedatum: 07.11.2024
Medientyp: Download
Genre: VR-Shooter, Horror
Entwickler: Vertigo Games
Herausgeber: Vertigo Games
Ein neuer Shooter im Metro-Universum als VR-Titel? Diese Meldung sorgte Anfang des Jahres für Euphorie in der VR-Szene. Mit Vertigo Games wurde zudem ein fähiges Entwicklerstudio gewählt, das mit den Arizona Sunshine-Spielen bereits bewies, dass es düstere VR-Shooter beherrscht. Nun ist Metro Awakening für alle gängigen VR-Headsets (PlayStation VR2, Meta Quest 2 und 3, Steam VR) verfügbar. Ich durfte das Spiel in VR erleben und verrate euch, ob die Euphorie zur Ankündigung des Spiels gerechtfertigt war.
Die postapokalyptischen Metro von Moskau
Metro Awakening bietet einen beeindruckenden Einstieg ins Spiel. Es dauert keine fünf Minuten, bis das erste Mal Kugeln fliegen. Die erste Begegnung mit dem Mutanten soll aber nur ein kurze Vorschau bleiben, da auf die kurze Actionsequenz ein Zeitsprung folgt. Daraufhin lässt sich der Titel Zeit, seine Geschichte in Gang zu bringen. Über Konversationen mit NPC erfahren Spieler die Ausgangslage. Der Titel spielt im Jahr 2028 und begleitet den Protagonisten Serdar auf einer Reise durch die Moskauer Metro, die nach einem Atomkrieg als Rückzugsort für die letzten Überlebenden fungiert. Der Arzt nimmt allen Gefahren auf sich – mutierte Wesen, Banditen und einen schwindenden Verstand – um an Medizin für seine geliebte Frau zu gelangen.
Die Handlung fällt sehr interessant aus, ist spannend inszeniert und lässt Metro Awakening zum vollwertigen Spiel der Reihe werden. Hinsichtlich des Umfangs steht der Titel den anderen Metro-Teilen in nichts nach. Ich habe rund 12 Stunden gebraucht, bis ich das Ende der Geschichte erlebt habe. Dieser Umfang ist vergleichbar mit den Metro-Titeln, die sich am gewöhnlichen Monitor spielen lassen. Wer ein vollwertiges VR-Spiel mit Fokus auf die Handlung sucht, hat mit Metro Awakening einen tollen Titel zur Auswahl. Metro-Fans erhalten einen würdigen Prolog zur Hauptserie der Metro-Spiele, der die emotionale Geschichte eines beliebten Charakters erzählt.
Exzellente Atmosphäre in ruhigen wie in actionreichen Momenten
Toll fand ich, dass die Spielwelt in der Moskauer Metro voll mit Dingen ist, die den Spieler vollends in das Abenteuer eintauchen lassen. Überall sind russische Schilder zu sehen. Flammen flackern aus Ölfässern als einzige Lichtquelle in spärlich beleuchteten Räumen. Mäuse flitzen immer wieder über den Boden der erkundeten Tunnel. Virtuelle Personen in der Moskauer Station beklagen sich über die leidige Situation. Eine Familie sitzt am Tisch, der Sohn meckert, dass er den Pilzeintopf nicht essen und stattdessen “gutes Essen” haben möchte. Der Vater teilt ihm bedrückt mit, dass es im Untergrund kein besseres Essen gibt. Die Entwickler von Vertigo Games haben die Atmosphäre der Metro-Reihe wunderbar in die virtuelle Welt übertragen. Metro Awakening hat sämtliche Stärken zu bieten, die Spieler von den Metro-Spielen gewohnt sind. Durch das immersive Erlebnis kommen viele dieser Stärken gar noch besser zur Geltung, allen voran die dichte Atmosphäre und Horrorelemente.
Die Atmosphäre des Spiels fesselte mich von der ersten Sekunde an. Die engen, unterirdischen Gänge wirken bedrohlich und erzeugen eine intensive Atmosphäre, die mir selbst in stillen Momenten Gänsehaut bereitete. Das Spiel bleibt über weite Strecken eher ruhig, doch sobald die Action einsetzt, steigt der Adrenalinspiegel sofort an. Die Entwickler haben die Mischung aus Anspannung, Grusel, Action und Erleichterung sehr gut gestaltet. Es ist immer wieder für Überraschungen im Gameplay gesorgt. Bei mir hat ein bestimmtes Level nachhaltig Eindruck hinterlassen, das für mich einen der kreativsten und effektivsten Horrorabschnitte darstellt, die ich je in Videospielen erlebt habe. Metro Awakening ist wahrlich nichts für schwache Nerven und trumpft als Horrorspiel auf.
Fordernde Schussgefechte mit Munitionsmangel
In Metro Awakening bekämpft der Spieler regelmäßig menschliche und monsterartige Feinde. In manchen Situationen wird ein stilles Vorgehen und Schleichen empfohlen, doch häufig bleibt die Action nicht aus. Spieler sind mit Waffen ausgestattet, die manuell mit realistischen Handbewegungen nachgeladen werden müssen. Anfangs mag das Nachladen hektisch sein, aber mit etwas Übung wird es immer flüssiger und trägt zum Spaß bei. Die Nachladevorgänge variieren je nach Waffe leicht, sind jedoch intuitiv gestaltet. Die Schussgefechte fallen sehr unterhaltsam aus. Metro Awakening hat ein überschaubares Waffenarsenal, das den Spielern im Laufe der Handlung verfügbar gemacht wird. Dafür sind die wenigen Waffen im Spiel sehr ausgefeilt gestaltet, wirken wuchtig in der Nutzung und zeigen beim Schießen und Nachladen sehenswerte Animationen.
Ich muss allerdings auch betonen, dass das Spiel selbst auf dem Schwierigkeitsgrad „Normal“ eine relativ fordernde Herausforderung bietet und ich einige Abschnitte mehrmals spielen musste, bis ich sie endlich schaffte. Hier muss sich demnach niemand schämen, die Schwierigkeit nachträglich auf „Einfach“ zu stellen, wenn man die häufigen Tode leid ist. Bei Kämpfen mit Mutanten ist präzises Schießen notwendig, da die Munition knapp ist. Das Spiel ermutigt uns dazu, die Umgebung nach wertvoller Munition abzusuchen. Bei Gefechten mit menschlichen Gegnern profitieren Spieler davon, dass einige wenige Schusspatronen von gefallenen Banditen eingesammelt werden können. Rar gesät ist die Munition dennoch.
Interaktion mit der Umgebung fällt wenig komplex aus
In der Gegend lässt sich nicht nur Munition finden. Um in den schlauchartigen Arealen voranzuschreiten, ist hin und wieder die Interaktion mit der Umgebung notwendig. Das Entfernen von türversperrenden Brettern, das Drehen von Ventilen oder das Einschalten eines stationären Stromgenerators sind Beispiele für die Tätigkeiten, welche Spieler für den Fortschritt ausüben müssen. Für das Medium typisch sind selbst solche banalen Aktionen in VR unterhaltsam, das ist in Metro Awakening nicht anders. Dennoch bin ich der Meinung, dass manche Interaktionen mit der Umgebung etwas komplexer hätten ausfallen können. Echte Rätsel sucht man hier vergeblich. Half Life: Alyx stellt in dieser Hinsicht für mich das Niveau dar, an dem sich VR-Spiele messen müssen. Metro Awakening kommt nicht ganz an dieses Level heran. Mit seiner hervorragenden Atmosphäre lässt der Titel aber ohnehin zu keiner Sekunde Langeweile aufkommen.
Etwas gestört hat mich hingegen, dass sich manche Gameplay-Elemente etwas zu häufig wiederholen und gegen Ende hin repetitiv anfühlen. Die Missions- und Tätigkeitenvielfalt ist nicht sonderlich hoch. Mit dem Gruselfaktor kann das Spiel diese zu kurz kommende Abwechslung gut kaschieren, denn für einen spannenden Adrenalinkick ist trotzdem über die gesamte Spieldauer gesorgt.
Perfekt umgesetztes Inventarsystem mit virtuellem Rucksack
Sehr gefallen hat mir ein leicht erreichbarer Rucksack, der hinter der linken Schulter verstaut ist. In diesem Rucksack sind sämtliche wichtigen Gadgets versteckt, die dem Spieler auf seiner Reise nützlich sein könnten: Ein Feuerzeug, um Spinnenweben wegzubrennen; eine Atemschutzmaske samt Wechselfilter; ein mobiler Stromerzeuger, der zum Aufladen der mit uns geführten Kopftaschenlampe und für Umgebungsrätsel verwendet wird. Zudem lohnt sich der Blick auf den Rucksack, um sich das aktuelle Ziel vor Augen zu führen, sowie um zu überprüfen, wie viele der gut versteckten Postkarten als Sammelobjekte uns im aktuellen Kapitel noch fehlen. Waffen hingegen sind am Gürtel und hinter der rechten Schulter platziert. Ein imaginärer Munitionsbeutel hängt wahlweise um die Brust oder Hüfte. Das Inventarsystem ist toll ausgefeilt und ließ in meiner Zeit mit dem Spiel nichts zu wünschen übrig. Nach wenigen Spielminuten hatte ich die Platzierung der Ausstattung verinnerlicht und verlor somit auch in stressigen Situationen nicht die Kontrolle.
Intuitive Steuerung und umfangreiche VR-Komfortoptionen
Als erfahrener VR-Spieler fiel es mir leicht, die erforderlichen Bewegungen sofort intuitiv auszuführen. Ich bin zuversichtlich, dass VR-Neulinge die Manöver nach einer kurzen Eingewöhnungszeit ebenso problemlos meistern können. Dank umfangreicher und cleverer Komfortoptionen, insbesondere für die Fortbewegung, ist Metro Awakening sowohl für neue als auch für erfahrene VR-Fans gedacht. Völlig unerfahrenen VR-Spielern würde ich den Titel jedoch nicht zum Einstieg in das Medium empfehlen. Das sehr intensive Spielerlebnis könnte VR-Neulinge überfordern, sodass es sich empfiehlt, vor Metro Awakening einige weniger komplexe VR-Spiele kennenzulernen.
Fantastische Grafik- und Soundumsetzung
Metro Awakening ist grafisch erstklassig. Neben Half Life: Alyx auf einem leistungsstarken Rechner sieht kein Spiel in VR so gut aus. Es wurden hochaufgelöste Texturen verwendet, welche sich bei der Erkundung der Gegend im Detail anschauen lassen. Die Beleuchtung setzt das Geschehen gekonnt in Szene. Das Spiel setzt auf viele dunkle Momente, in denen die Areale lediglich mit der Kopflampe des Spielers ausgeleuchtet werden, was gelungen zum Gruselfaktor beiträgt. Feuereffekte sind ansehnlich, ebenso wurden Effekte wie Rauch und Atem sowie Wassertropfen durch Kondensation innerhalb der Atemschutzmaske fantastisch umgesetzt. Die schaurigen Feinde sehen ebenso toll dargestellt aus wie NPCs, mit denen Protagonist Serdar interagiert.
Leichte Abzüge in der B-Note gibt es für die Gesichtsanimationen der Charaktere, die recht steif ausfallen. Trotz der tollen Grafik kommt nie so richtig das Gefühl auf, dass man es mit einer echten Person zu tun hat. Dennoch ist die visuelle Darstellung exzellent. Zeitweise redete ich mir ein, dass das Spiel auf der PS5 Pro laufen würde, weil es so verdammt gut aussieht. Aber nein, noch steht unter meinem TV keine Pro-Konsole, sondern die normale PS5. Chapeau für diese technische Leistung, Vertigo Games!
Doch nicht nur die Grafik bekommt die volle Punktzahl von mir. Fast noch besser fällt die Soundumsetzung aus. Die Soundkulisse trägt grandios zur schaurigen Stimmung bei. Das Knistern des Geigerzählers weist Spieler schweißtreibend darauf hin, die Atemmaske anzuziehen. Herunterrieselnder Schutt macht sich akustisch bemerkbar und versetzt mich in höchste Alarmbereitschaft. Geräusche vom Krabbeln, Springen und Krächzen der mutierten Wesen in der Ferne ließen mir regelmäßig einen kalten Schauer den Rücken herunter laufen. Die Geräuschkulisse kann auf einfachen Stereo-Kopfhörern mit einer tollen Dreidimensionalität überzeugen. Die Soundumsetzung hat einen großen Anteil am Gruselfaktor. In den ruhigen Momenten präsentiert das Spiel in Konversationen mit den NPCs eine gelungene englische Sprachausgabe. Zudem finden regelmäßig Gespräche über Funk statt, wenn Serdar die Tunnelsysteme erkundet. Die Stimmen sind passend gewählt, sämtliche Figuren sprechen mit russischem Akzent, dem ich gerne lauschte.
Vergleich PSVR2 vs Meta Quest 3
Meine bisher beschriebenen Eindrücke beziehen sich auf die PlayStation VR2-Version, auf der ich den Titel durchgespielt habe. Ich hatte zudem die Möglichkeit, die Fassung für Meta Quest 3 auszuprobieren und habe rund 90 Minuten mit dem VR-Headset von Meta verbracht. Dabei sind mir grafische Unterschiede aufgefallen. In der Quest 3-Version ist Aliasing an den Kanten rund um Objekte und Figuren zu beobachten. Auch habe ich Charaktere als weniger detailliert wahrgenommen. Texturen scheinen leicht niedriger aufgelöst zu sein. Weiterhin sind einige Licht- und Nebeleffekte auf der Quest 3 vereinfacht dargestellt. Von diesen Punkten abgesehen, kommen sich die beiden Versionen sehr nahe. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut das Spiel auf der im Vergleich deutlich abgespeckten Hardware der Quest 3 aussieht.
Neben leichten Unterschieden in der visuellen Darstellung gibt es auch leichte Abweichungen in der Performance. Auf der Quest 3 habe ich gelegentliche Einbrüche der Bildrate wahrgenommen, was ich auf PSVR2 nicht beobachtet habe. Das soll aber keineswegs heißen, dass die Quest 3-Version unspielbar ist. Die Bildrateneinbrüche hielten sich zumindest in den ersten eineinhalb von mir erlebten Stunden in Grenzen.
Abgesehen von der stärkeren Hardware, welche die PS5 zur Verfügung hat, gibt es noch weitere Unterschiede zwischen den Versionen. Auf PSVR2 erweist sich der OLED-Screen als großer Vorteil. In Metro Awakening finden viele Szenen in nahezu vollständiger Dunkelheit statt, in denen das OLED-Display mit einem fantastischen Schwarzwert überzeugt. Auch die Kontraste sehen toll aus. Ebenso ist durch die HDR-Unterstützung möglich, dass der Screen blendend helle Lichter darstellen kann. Für die Quest 3-Version spricht hingegen, dass hier kein unerwünschter “Mura”-Effekt auftreten kann, der auf PSVR2 den Bildschirm gerne mal ein wenig verdreckt wirken lässt. Die Quest 3 punktet aufgrund der genutzten “Pancake”-Linsen weiterhin mit der Bildklarheit bis zu den Rändern hin. Und auch die Kabelfreiheit ist positiv zu nennen, auch wenn das Spielgeschehen nicht so bewegungsintensiv ausfällt, dass mich das Kabel der PSVR2 ernsthaft gestört hätte.
Für mich persönlich stellt Metro Awakening auf der PS5 ein besseres Erlebnis dar. Dies mache ich insbesondere an der leicht besseren Grafik sowie am OLED-Screen des PSVR2-Headsets fest, der einerseits knalligere, hellere Farben, andererseits tiefere Schwarzwerte darstellen kann. Und auch die Unterstützung der besseren Haptikeffekte auf den PSVR2-Sense-Controllern sei hier einmal positiv erwähnt. Auf der Quest 3 gibt das Spiel aber ebenfalls eine tolle Figur ab und hat grafisch deutlich weniger das Nachsehen, als ich es erwartet hätte. Für mich sind beide Versionen sehr empfehlenswert.