Releasetermin: 07.10.2014
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Strategie-RPG
Entwickler: Kadokawa Games
Herausgeber: NIS America
Strategie-Rollenspiele sind auf der PS4 noch Mangelware. Während für nächstes Jahr vor allem aus Japan schon Nachschub bestätigt ist – so ist beispielsweise mit Disgaea 5 quasi schon ein SRPG-Tophit sicher – schaffte es im ersten Jahr nur NAtURAL DOCtRINE als Genrevertreter auf Sonys neue Konsole. Der Entwickler Kadokawa Games sammelte bisher nur mit Nischen-Handheldtiteln Erfahrung: Grund zur Sorge, dass das SRPG-Debüt ein Reinfall wird? Ich habe das Spiel getestet, das NIS America hierzulande in Zusammenarbeit mit der Flashpoint AG veröffentlicht hat.
Geschichte kaum vorhanden
Spieler übernehmen die Rolle einer Gruppe von Abenteurern, die auf ihrer Reise in einen Krieg zwischen zwei Fraktionen geraten. Im Kern ist das Motiv des Kriegs der Streit um die Währung „Pluton“, die allerdings auch für unsere Protagonisten von höchstem Interesse ist. Schließlich stellt Pluton die Quelle von Mana dar, das wiederum für viele Aktionen benötigt wird. Auch wenn hier eine Story vorliegt, wird diese dermaßen an den Rand gestellt, dass sie lediglich der Verbindungspunkt zwischen den einzelnen Missionen zu sein scheint. Doch selbst als Verknüpfer der Aufgaben scheitert die Story. Oftmals lief ich durch ein und das selbe Areal, ohne zu wissen, was die nächste Story-Mission auslöst. Auch wenn sich diese Suche nicht als völlig umsonst herausstellt – schließlich bekämpfen wir auf unserem Weg Gegner, erlangen XP und finden Gegenstände – nutzt sich diese Ziellosigkeit schnell ab. Wenn man zum vierten oder fünften Mal nach Abschluss einer Mission im Dunkeln über das anschließend geforderte Vorgehen tappt, kommt schnell Frust auf. Hier hätte uns das Spiel deutlich mehr an die Hand nehmen sollen. Ebenso bin ich von der nicht erwähnenswerten Handlung enttäuscht. Es wäre kaum aufgefallen, wenn diese einfach gänzlich gefehlt hätte. Doch halb so schlimm, wenn wenigstens das Gameplay stimmt, oder?
Kaum Spaß trotz guter Gameplaymechaniken
NAtURAL DOCtRINE ist ein runden-basiertes Strategie-Spiel, das sich wie eine Mischung aus Valkyria Chronicles und Fire Emblem spielt. Wir steuern die Charaktere auf einem rasterförmigen Untergrund. Es wird jedem Charakter eine Aktion zugeteilt – Angriff durch Waffen und Zauber, Einsatz von Items oder Schutzstellung – bevor sie zu Ende der Runde ausgeführt wird. Die Reihenfolge, in der die Spielzüge vollzogen werden, hängt von Charaktereigenschaften ab. Das wohl wichtigste Element im Kampfsystem stellt das Verlinkungskonzept dar. In der Planung der Runde muss der Positionierung der Figuren eine wichtige Beachtung geschenkt werden. Stehen die Protagonisten in einem guten Verhältnis zueinander, werden sie verlinkt. Das führt dazu, dass die Charaktere sich bei ihren Zügen zusammentun und Spielpartner schon einschreiten, bevor sie überhaupt an der Reihe sind. Ebenso greifen auch die Feinde auf dieses System zu, wodurch sich riesige Aktionsketten ergeben können. Nicht selten werden mehr als 20 Angriffe pro Runde ausgeführt, obwohl nur 6 Figuren auf dem Feld vorzufinden sind. Im Grunde genommen hat NAtURAL DOCtRINE ein wirklich solides Gameplaygerüst, das ein Garant für spaßige Strategie-Stunden sein sollte. Eigentlich. Denn das Spiel hat ein Problem: Es ist unheimlich schwer. Nicht herausfordernd schwer, wie es Dark Souls mittlerweile etabliert hat, sondern schlichtweg unfair. Egal welchen Schwierigkeitsgrad ich wähle, meine Feinde scheinen durchwegs besser über die Spielmechaniken Bescheid zu wissen. Das mag am mageren Tutorial liegen, das mir das Kampfsystem nur recht oberflächlich erklärt, oder am schlechten Spieldesign. Findet ein Charakter unserer Truppe den Tod, grinst der Game Over-Screen uns an. Spieler werden rücksichtslos bestraft, wenn ein Teammitglied vom Mob getrennt wird und so der gegnerischen Offensive offen steht. Oftmals reicht nur eine Runde, in der die Gegner dank Verlinkungssytem immer und immer wieder auf ihr Opfer eindreschen und uns an den Start des Kampfes zurücksetzen. Nicht selten wird so eine halbstündige Session in Sekundenschnelle zunichte gemacht. Ich schätze einen gewissen Grad an Herausforderung, solange ich aus meinen Fehlern lernen kann. In NAtURAL DOCtRINE sind sämtliche Elemente deutlich gegen den Spieler ausgerichtet. Absolute Strategie-Cracks werden darin vielleicht einen Charme sehen, alle anderen müssen sich auf gelegentliche Frustphasen einstellen.
Verschenktes Potential
Schade, dass es mir das Spiel so schwer macht. Denn wie gesagt, im Kern hat das Kampfsystem wirklich Potential. NAtURAL DOCtRINE macht Spaß, wenn ein seltenes, nützliches Item in einer Schatztruhe steckt und wenn ein gefundenes, mächtiges Schwert gleich in der nächsten Schlacht seine Auswirkung zeigt. Die Verwaltung von Pluton ist ebenso gut implementiert. Pluton versorgt alle magischen Angriffe mit der nötigen Energie. Der Vorrat wird auf alle Party-Mitglieder aufgeteilt, wodurch man stets einen kritischen Blick auf die Verteilung der Mana-Punkte haben muss. Es gibt Charaktere, die ihre Waffen während des Kampfes wechseln können, was spontane Taktik-Wechsel ermöglichen. Das Spiel bietet wirklich alle Elemente, die ich mir für einen gut durchdachten Strategie-Titel wünsche. Doch macht es mir die teils problematische Balancierung der Aspekte immer wieder kaputt. Ein weiteres passendes Beispiel gefällig? Es ist möglich, die Umgebung für taktische Vorteile auszunutzen. Eine gute Positionierung verhilft mir in einer Runde noch zum Sieg und schon in der nächsten Runde ärgere ich mich darüber, dass einige Aktionen lediglich auf Kosten einer guten Positionierung möglich sind. Eine Tür zu öffnen oder einen Schalter umzulegen bringt den entsprechenden Charakter in eine verletzliche Lage, was die Feinde allzu gerne auf der Stelle ausnutzen – und schon grüßt das Game Over wieder. Das ist weder fordernd noch knifflig, das ist einfach nicht fair. Ich kann mich in den Gefechten kaum auf meinen Angriff konzentrieren, denn zeigten mir die Ereignisse wieder und wieder, dass eine starke Defensivstellung das A und O ist. Es ist eine unglaubliche Bemühung, den Gegnern bedeutenden Schaden zuzufügen, wenn mein Hauptaugenmerk stets darauf ausgelegt ist, bloß nicht mit einer der Figuren zu sterben. NAtURAL DOCtRINE bietet uns auch Mehrspielermöglichkeiten. Im kompetitiven und kooperativen Multiplayer-Modus wird das Geschehen etwas aufgewühlt. Hier kommt ein Kartensystem zum Einsatz, das das Charakteraufgebot der Spieler bestimmt. Die Teilnehmer formen ihre Teams aus Karten, die von „gewöhnlich“ bis zu „ultra selten“ reichen. Je bessere und je seltenere Karten, desto stärkere Werte der Figuren. Besonders im Online-Versus-Modus habe ich wirklich spaßige Runden gehabt, da hier die Gameplaymechaniken ihre Stärken zeigen. Durch die zufälligen Kämpfer-Werte herrscht grundsätzlich Chancengleichheit und selbst wenn ich gegen meinen Online-Opponenten verliere, ist zumindest nicht die unfaire Art des Spiels schuld daran.
Auch optisch Murks
Zur misslungenen Schwierigkeit gesellt sich auch die Optik, die ihr Fett wegbekommt. Sowohl unsere Protagonisten als auch die Gegner sind grundsätzlich solide gestaltet. Das Charakterdesign ist nichts Besonderes und auch liegen unsere Feinde in keiner großen Vielzahl vor. Dennoch ist die scharfe Darstellung der Figuren noch das Einzige, das nicht völlig daneben ist. Die Areale sind unglaublich langweilig und fade, die Umgebungstexturen sind matschig und auch sonst wird uns optisch absolut nichts geboten, was als Blickfang dienen könnte. Immerhin ist die Synchronisation der englischen Stimmen zufriedenstellend. Die Sprecher verrichten akzeptable Arbeit, leider wiederholen sich die Dialoge schnell, was auf Dauer natürlich nervt. Da die meisten Nischentitel aus Japan hierzulande weder neu vertont noch auf Deutsch übersetzt werden, muss man sich mit der englischen Sprache vergnügen, was mittlerweile kaum noch eine Überraschung ist.
Fazit
Wenn ich an NAtURAL DOCtRINE denke, kommt mir ein Wort in den Kopf: Frust. Das Spiel schlägt euch in Grund und Boden und haut selbst dann noch einmal zu. Dafür gibt es durchaus eine Zielgruppe, doch alle Spieler abseits von Hardcore-Strategie-Fans werden am Titel regelmäßig verzweifeln. Es fühlt sich absolut nicht wie ein Erfolg an, eine schwierige Mission zu überstehen. Denn während Spiele wie Dark Souls genau dieses Gefühl von Erfüllung als Belohnung vermitteln, bin ich in NAtURAL DOCtRINE nach einem Sieg beklemmt. Es fühlt sich an, als sei ich einer weiteren Tracht Prügel entgangen, die aber gleich in der nächsten Mission wieder auf mich wartet. Unglaublich schade, dass die eigentlich soliden Gameplay-Ideen hier nicht richtig balanciert präsentiert werden. Ein gelungenes Konzept liegt vor, der Multiplayer bietet interessante Ansätze, und dennoch kann ich NAtURAL DOCtRINE nur den wenigsten unter euch empfehlen: Den beinharten Strategie-Genies.
Solide Kampfmechaniken, ungewöhnliches Verlinkungssystem
Skillsystem und Loot motivieren Kompetitiver Multiplayer liefert spaßige Gefechte |
Story zu sehr an den Rand gestellt, führt nicht ausreichend durch die Missionen
Unfair balanciert, viele frustrierende Tode Grafisch enttäuschend, absolut fade Umgebungen Dialoge und Kampfschreie unglaublich repetitiv Tutorial viel zu oberflächlich |
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