Releasetermin: 11.09.2014
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Sport/Simulation
Entwickler: EA Canada
Herausgeber: EA Sports
Die NHL-Serie macht erst jetzt, fast ein Jahr nach Veröffentlichung der neuen Konsolen, einen ersten Abstecher auf die PS4. Während die NBA 2K-Reihe zum Beispiel schon letztes Jahr eine sehr gute Figur abgab und auch bei EA mit Madden NFL 15 nach dem enttäuschenden Vorgänger die richtigen Schritte eingeleitet wurden, sind nun alle Augen auf NHL 15 gerichtet. Ist EA Canada das Debüt auf der PS4 gelungen? Wir sind aufs Eis gegangen und berichten von guten Verbesserungen und heftigen Schnitten.
Schnell den Dreh raus
NHL 15 scheint den Einstieg ins Spiel nicht gerade leicht zu gestalten. Während Madden NFL 15 wahnsinnig umfangreiche Tutorials zur Erlernung aller Spielmechaniken bot, suchen wir im Eishockeyspiel vergeblich nach Erklärungen. Ein Tutorial gibt es nicht. Lediglich ein Übungsmodus liegt vor, der uns eine 1 vs. 1 Situation gegen einen Torwart vorsetzt. Das Spiel tut nicht wirklich viel, um Neulinge ins das Geschehen einzuführen, doch nach wenigen Minuten auf dem Eis merkt man – der Schein trügt. Das grundsätzliche Gameplay ist wirklich einsteigerfreundlich, was den Steuerungsmöglichkeiten zu danken ist. Die wesentlichste Steuerungsoption lagert alle Eingaben auf die Knöpfe aus und nach wenigen Matches hat man sich die Gameplay-Mechaniken angeeignet. Hier kann ich NHL-Neueinsteigern jedenfalls eine Entwarnung aussprechen: Obwohl der Titel kein Lernprogramm anbietet, ist die einfache Steuerung und das im Vergleich zu Football simple Prinzip von Eishockey genug, um schon nach wenigen Minuten Spaß mit dem Spiel zu haben.
Stickkontrolle der „Superstar“
Doch ist NHL 15 keineswegs zu einfach gestrickt. Wer sich mit dem Geschehen angefreundet hat, kann die Steuerung über den „Superstar Skill Stick“ hinzu geschaltet werden. EA ist bekannt dafür, die Steuerung einiger Sportspiele auf den rechten Analogstick auszulagern. In NHL hat der Spieler durch die beiden Sticks folglich die volle Kontrolle über die Schlittschuhe und den Eishockeyschläger. Mit etwas Übung lassen sich so geschmeidige Manöver realisieren. Drückt man beide Sticks in dieselbe Richtung, führt der Spieler einen „Stride Deke“ aus. Dieser hilft, die Gegenspieler auf Trab zu halten und die Puckkontrolle unvorhersehbar zu gestalten. Es gibt viele Möglichkeiten, um den Puck abzuschirmen oder seine Opponenten zu verwirren. Diese Steuerungsart ist wesentlich anspruchsvoller und ist schwerer zu meistern, bringt aber auch viel mehr Tiefe in das Vorgehen auf dem Eis. Man merkt schnell, dass der Kern von NHL 15 – das Gameplay – viele Stärken vorzuweisen hat. Die Gameplaymechaniken haben sich über die Jahre stark entwickelt und kommen im neusten Teil voll zur Geltung. Sowohl in der Offensive als auch in der Defensive ist NHL 15 nicht nur für Fans des Sports ein Genuss. Der Titel hat einige Änderungen vorzuweisen, so wurde zum Beispiel das Kampfsystem überarbeitet. Faustkämpfe auf dem Eis finden nun nicht mehr aus einer umständlichen First-Person-Sicht statt, sondern werden mit der Kamera aus Vogelperspektive festgehalten. Auch die Physikengine hat einen Schritt nach vorn gemacht, die Spielerkollisionen sehen nun realistischer denn je aus. Ebenso fühlt sich der Puck durch die entsprechende überarbeitete Engine natürlicher an. In dieser Hinsicht hat EA Canada alles richtig gemacht, das Gameplay überzeugt mit logischen Verbesserungen und es macht jedes Mal aufs Neue Spaß, sich mit seiner Lieblingsmannschaft aufs Eis zu begeben.
Gameplay hui, Umfang pfui
Schade nur, dass sich die Verbesserungen lediglich aufs Spielgeschehen beschränken. Abseits der Eisfläche ist man mindestens zwei Schritte zurückgegangen, was sich zum einen durch komplett entfernte Modi, zum anderen durch an Umfang gekürzten Modi bemerkbar macht. GM Connected, ein Online-Manager-Modus, bei dem sich dutzende Spieler beweisen müssen, oder sich nur eine handvoll Personen aus einem engen Freundeskreis in eine Liga begeben, fällt komplett weg. Ebenso ist EASHL abwesend: Der Modus, bei dem sich Teams aus sechs individuellen Online-Spielern zusammensetzen, genoss in der Vergangenheit eine große Popularität. Warum fallen solche Modi, die nun schon seit vielen jährlichen Ausgaben fest im Spiel integriert waren, einfach raus? Hier wurden keine kleinen Extras herausgeschnitten, die keinen großen Wert ausmachen, sondern ganze Modi, die für viele Fans in den vergangenen Jahren für die meiste Spielzeit gesorgt haben. Doch damit nicht genug: Der Be a GM-Modus zeichnete sich vormals durch eine große Vielfalt an Features aus. Über 25 Saisons hinweg leitet man ein NHL-Team. Doch in NHL 15 fallen viele wichtige Möglichkeiten innerhalb dieses Modus weg. Es ist nicht mehr möglich, Nachwuchs-Spieler zu verpflichten und auch wenn man weiterhin Scouts aussenden kann, werden sämtliche Verpflichtungen automatisch vollzogen. Hier nimmt uns das Spiel die Kontrolle über wichtige Elemente vor der Nase weg, was EA damit begründet, dass man das Spiel Neulingen einfacher gestalten wollte. Tatsächlich aber bewirkt man damit nur, dass Spieler kaum einen Reiz bekommen, sich intensiv mit dem Team-Management zu beschäftigen. Auch der für EA typische Be A Pro-Modus wurde um Inhalt gekürzt. Als neuer Spieler gibt es keine Möglichkeit mehr, sich als Nachwuchsspieler hochzuarbeiten und Feedback von Trainern zu sammeln. Stattdessen wird man vom ersten Tag an in eine etablierte Mannschaft gesetzt und steht sofort auf dem Eis, ist mit recht ansehnlichen Fähigkeiten ausgestattet. Es herrscht kaum eine Chance zur Progression. Der Reiz in solchen Modi liegt darin, regelmäßig Fortschritt zu verbuchen und vom Unbekannten zum durchstartenden Newcomer aufzusteigen, was man hier allerdings nur schwer erreicht. Ebenso unerklärlich ist mir, dass man das Geschehen von der Bank aus beobachten muss, während man nicht auf dem Eis steht. Warum kann ich diese Sequenzen nicht mehr überspringen? EA hat es hier verbockt. Verbesserungen im Gameplay sind mehr als willkommen, aber bitte nicht auf Kosten populärer Modi und Features! Lediglich Ultimate Team hat den Sprung auf die PS4 unbeschadet überstanden und sorgt zumindest für wenige Pluspunkte. EA hat bereits eine intensive Unterstützung nach Release des Spiels zugesichert und will einige der fehlenden Sachen per Patch in Zukunft nachreichen. Mit etwas Glück haben wir also in einigen Wochen oder gar Monaten eine würdige Fassung des Spiels am Laufen, doch so etwas darf einfach nicht vorkommen. Uns wurde ein halbfertiges Spiel präsentiert. Wäre der Titel nicht Teil des jährlichen Zyklus der Sportspiele gewesen, hätte er sicherlich eine Verschiebung über sich ergehen lassen müssen. In diesem Fall wird die Regelmäßigkeit der Veröffentlichungen zum Fluch, der sich hoffentlich nicht mehr wiederholen wird.
So muss ein Sportspiel aussehen
Glücklicherweise hat EA Canada zumindest optisch gute Arbeit geleistet, sodass der Titel neben dem gelungenen Spielgeschehen noch weitere Pluspunkte zu verzeichnen hat. Die Charaktermodelle der Spieler sowie die Arenen sind absolut hübsch anzusehen. Auch die virtuelle Eisfläche hat noch nie besser ausgesehen und zeigt sich nach und nach abgenutzter, je länger die Spieler mit ihren Schlittschuhen darüber fahren. Auch die Zuschauerränge machen ordentlich etwas her und begeistern mit vielen unterschiedlich aussehenden Eishockeyfans. Die Animationen profitieren von der überarbeiteten Physikengine. Die Bewegungen der Spieler kommen erstaunlich nah an die Realität heran. Grafisch also hat NHL 15 auf der PS4 ein überzeugendes Debüt gegeben. Die Kommentatoren sind erstaunlicherweise ausgetauscht worden. Das vorherige Duo, Gary Thorne und Bill Clement, hat immer eine gute Arbeit verrichtet, doch auch die neuen im Amt machen einen tollen Job. Auch die restliche Soundkulisse inklusive der jubelnden Zuschauer wurde solide inszeniert, was einen überzeugenden Sound-Aspekt abrundet.
Fazit
NHL 15 ist eine Enttäuschung. Auch wenn der Titel das sowieso schon starke Spielgeschehen noch weiter verbessert hat, kann dies nicht über die Tatsache hinweg trösten, dass wir hier ein halbfertiges Spiel präsentiert bekommen. Ganze Modi und populäre Features fehlen, das macht auch die hübsche Grafik nicht wett. In der derzeitigen Fassung kann ich das Spiel nur Leuten empfehlen, die sich nur um die Erfahrung auf dem Eis scheren – die ist nämlich klasse. Wer auch nur ansatzweise auf Modi und Umfang achtet, sollte mit dem Kauf noch etwas warten und vorerst beobachten, inwiefern EA das Spiel durch Patches nun wieder auf einen würdigen Stand bringt.
Das tolle Gameplay wurde sinnvoll erweitert
Zufriedenstellende Kollisions- und Puckengine Optisch auf dem Stand der Technik |
Eine große Anzahl an ehemaligen Kernfeatures fehlt
Durch die gestrichenen Modi bleibt kaum Langzeitmotivation übrig |
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